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17. April 2024

„Friedenswort der deutschen Bischöfe“ in Luxemburg vorgestellt

Der iranische Großangriff auf Israel am 14. April hat wieder einmal bewiesen, wie knapp die Welt vor einem neuen Weltkonflikt steht, mit dem sich auch die Kirche auseinandersetzen muss. Damit führte Jean Louis Zeien in die Problematik ein und begrüßte den Referenten. Der Referent, Dr. Jörg Lüer, Generalsekretär der Deutschen Kommission Justitia et Pax, kam gerade von einem Besuch in der Ukraine zurück, wo u.a. über das 180seitge Positionspapier mit der gr. kath. Kirche der Ukraine gesprochen wurde. Der Großerzbischof der gr. ukr. Kirche, Schewtschuk, hatte der deutschen Delegation bescheinigt, wie wichtig dieses Positionspapier auch für die Kirchen der Ukraine ist. Damit hatte das Papier sozusagen seine Feuertaufe bestanden, sagte Jörg Lüer.

© B. Bost / SCP

Das Positionspapier basiert auf den beiden vorangehenden Friedensworten der dt. Bischofskonferenz, „Gerechter Friede“ von 1983 und „Gerechtigkeit schafft Frieden“ von 2000. Schon seit 2016 gab es die Idee eines neuen Friedenswortes. Eine Redaktionsgruppe aus den Bereichen Friedensarbeit und Weltkirche der Bischofskonferenz konnte bereit 2020 einen ersten Entwurf vorlegen. Kurz vor der Drucklegung 2022 kam der russische Angriff auf die Ukraine dazwischen, das „gesamte Papier musste neu aufgeschnürt werden“, so Lüer. Das ursprünglich eher pazifistisch gehaltene Papier bekam auch ein Kapitel über das „Recht der Selbstverteidigung“, das auch die Möglichkeit von Waffenlieferungen an den Schwächeren miteinschließt, was „ohne den Ukrainekrieg wohl kaum vorstellbar gewesen wäre“. Durch den Krieg in unserer Nachbarschaft in Europa bekam auch die Tiefe der Reflexion infolge neuer Formen der Gewalt eine ganz neue Dimension. Ein neuer selbstkritischer Diskurs macht aus der Frage des Krieges und der Gewalt auch ein Beziehungsphänomen. Im Krieg und in der Gewalt liegt immer auch eine Chance eines Neuanfangs, wozu auch eine intensivere Auseinandersetzung mit den Wurzeln des christlichen Pazifismus gehört, so Lüer.

„Friede diesem Haus“ ist der Versuch, die Friedensbotschaft des Lukas-Evangelium (10,5) im Angesicht der aktuellen weltpolitischen Situation prinzipienfest, aber auch nuanciert und wirklichkeitsgerecht zur Sprache zu bringen. Das heutige Zeitalter wird dabei als „Welt in Unordnung“ charakterisiert – mit wachsenden Konfliktpotenzialen und Gewaltbedrohungen. Der Krieg gegen die Ukraine und im Heiligen Land sind aktuelle Beispiele für die Verwerfungen der internationalen Ordnung, die nach dem Zweiten Weltkrieg ansatzhaft geschaffen und in der Folge des Zusammenbruchs des sowjetischen Kommunismus vertieft wurde; seit einigen Jahren droht diese Ordnung mehr und mehr zu zerfallen.

Das Wort geht in seiner Analyse der globalen Situation und ebenso in seinen Handlungsempfehlungen von drei miteinander verwobenen Tendenzen aus: den Gewaltphänomenen der Gegenwart; der Erosion des internationalen Rechts und der globalen Organisationen und der wachsenden Bedeutung (und Brisanz!) von kultureller bzw. religiöser Identität und Zugehörigkeit für das Zusammenleben und die Konflikte zwischen Völkern und Gruppen. In einem vierten Kapitel zeigt das Positionspapier auch Wege zur Gewaltüberwindung. “Wer von Versöhnung sprechen will, darf von den Verletzungen nicht schweigen“. Als neues Thema, was dem Zeitgeist geschuldet ist, kommt das Thema „Koloniales Erbe“ im neuen Friedenspapier zum ersten Mal vor. In vielen Konflikten von heute steckt das koloniale Erbe des Westens, der sich selbst dieser Beziehung oft gar nicht bewusst ist. Die Dominanz des Westens schwindet immer mehr, was für den Weltfrieden nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen ist. Auch Fragen der Rüstungskontrolle und Abrüstung fehlen nicht, auch wenn sie derzeit im Hintergrund stehen.

Jean Louis Zeien/Generalsekretär, Dr. Jörg Lüer
© B. Bost / SCP

Das Dokument ist so aufgebaut, dass sich an das theologisch-friedensethische Grundlagenkapitel eine Analyse der Gegenwartsfragen und die Diskussion von politischen Handlungsoptionen anschließen, bevor im Schlusskapitel Empfehlungen für die Friedenspraxis der Christen und der Kirchen formuliert werden.

„Gewalt darf nicht das letzte Wort haben“

Immer wieder betonte Jörg Lüer die Bedeutung dieses Positionspapiers, das in Zeiten des Krieges, gegen die Sprachlosigkeit der Waffen ankämpfen muss. Die „Gewalt verursacht eine Verengung des Blickes, die nicht das letzte Wort haben darf“. Allerdings gab es in der langen Kirchengeschichte schon häufiger von Gewalt geprägte Weltlagen wie heute, deshalb sind auch heute wieder „Geduld und langer Atem bei der Friedenssuche“ gefragt.

Von der großen Aktualität des Themas zeugten auch die vielen Fragen, die im Anschluss an den Vortrag von Jörg Lüer vom Publikum gestellt wurden. Es begann mit einer Frage zur Weißen Fahne“ des Papstes, über eine Frage, ob das Friedenswort auch die Bischöfe selbst verändert habe. Letztere Frage konnte der Referent zwar nicht beantworten, aber er konnte bezeugen, dass es zu dem Text, anders als bei vielen anderen Bischofsworten, keine Kontroversen in der Bischofskonferenz gab. Auch das Interesse der Medien an diesem Bischofswort war viel größer als das bei anderen Worten, konnte Jörg Lüer bezeugen. Auch die ev. Kirche in Deutschland arbeitet bereits an einem eigenen Friedenswort. Von der dt. Bischofskonferenz ist geplant das Friedenswort noch ins Englische und ggf. Italienische zu übersetzen. Das Friedenswort kein dogmatischer Lehrtext, sondern eine Anregung zur Lektüre und Anreiz zur eigenen Auseinandersetzung mit der Problematik des Krieges, welcher nicht nur technologisch immer komplexer wird, sondern auch ethisch immer mehr an Komplexität gewinnt.

Weihbischof Leo Wagener, Jean Louis Zeien/Generalsekretär J+P, Generalvikar Patrick Muller, Dr. Jörg Lüer, Prof. Gerhard Beestermöller (v.l.n.r.)
© B. Bost / SCP
 
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