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Die Enzyklika Laudato Si’ (16)
Die Ökologie des Alltagslebens
Die Wohnungsnot ist ein großes Problem in vielen Teilen der Welt, in den ländlichen Gebieten wie in den großen Städten, auch weil die Staatshaushalte nur einem kleinen Teil der Nachfrage entsprechen können. Nicht nur die Armen, sondern ein Großteil der Gesellschaft leidet unter ernsten Schwierigkeiten, eine eigene Wohnung zu erlangen. Der Besitz einer Wohnung hat viel mit der Würde der Personen und der Entfaltung der Familien zu tun. Es handelt sich um eine zentrale Frage der Humanökologie. Wenn sich an einem bestimmten Ort schon chaotische Ansammlungen von baufälligen Häusern gebildet haben, geht es vor allem darum, diese Quartiere zu urbanisieren und nicht ihre Bewohner zu entwurzeln und zu vertreiben. Wenn die Armen in verschmutzten Vorstädten oder in gefährlichen Massenbehausungen leben und man ihre Umsiedlung in die Wege leiten muss, dann ist es, „um nicht Leid auf Leid zu häufen […] erforderlich, im Vorfeld für eine angemessene Information zu sorgen, menschenwürdige Wohnalternativen anzubieten und die Betroffenen direkt einzubinden“. Zugleich müsste die Kreativität dazu führen, die problematischen Quartiere in eine gastfreundliche Stadt einzufügen. „Wie schön sind die Städte, die das krankhafte Misstrauen überwinden, die anderen mit ihrer Verschiedenheit eingliedern und aus dieser Integration einen Entwicklungsfaktor machen! Wie schön sind die Städte, die auch in ihrer architektonischen Planung reich sind an Räumen, die verbinden, in Beziehung setzen und die Anerkennung des anderen begünstigen!“
Die Lebensqualität in den Städten hat viel mit den Verkehrsverhältnissen zu tun, die oft Grund für große Leiden der Bewohner sind. In den Städten fahren viele Autos umher mit nur einem oder zwei Insassen. Dadurch wird der Verkehrsfluss erschwert, der Grad der Verschmutzung ist hoch, es werden enorme Mengen von nicht erneuerbarer Energie verbraucht, und es wird notwendig, weitere Autobahnen und Parkplätze zu bauen, die das städtische Gefüge beeinträchtigen. Viele Fachleute stimmen darin überein, dass man den öffentlichen Verkehrsmitteln den Vorrang geben muss. Doch werden einige notwendige Maßnahmen nur schwerlich in friedfertiger Weise akzeptiert werden ohne eine wesentliche Verbesserung dieser Verkehrsmittel, die in vielen Städten aufgrund der Menschenmenge, der Unbequemlichkeit oder der geringen Häufigkeit des verfügbaren Nahverkehrs und der Unsicherheit eine unwürdige Behandlung der Passagiere darstellen.
Die Anerkennung der besonderen Würde der Person steht häufig im Kontrast zum chaotischen Leben, das die Menschen in unseren Städten führen müssen. Das dürfte aber nicht dazu führen, den Zustand der Vernachlässigung und der Nichtbeachtung zu vergessen, unter dem auch manche Bewohner ländlicher Gebiete leiden, wo wesentliche Dienstleistungen nicht hingelangen und wo es Arbeiter gibt, die erniedrigt sind in Situationen der Versklavung ohne Rechte und ohne Aussichten auf ein würdigeres Leben.
(Auszug aus Die Ökologie des Alltagslebens, 152-153-154)
Bisher erschienene Auszüge aus der Enzyklika
- Laudato Si’ 2022
- Laudato Si’-Woche 2020: Die ganze Welt im Zeichen der Solidarität
- Semaine Laudato Si’ 2021
- Laudato Si’ 2024
- Enzyklika „Laudato Si’“: „Ganzheitliche Ökologie als neues Paradigma der Gerechtigkeit“
- Die integrale ökologische Bekehrung fordert uns heraus
- Prendre soin de notre maison commune