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Euthanasie  
12. Dezember 2008

Für das Leben

Stellungnahme des Erzbischofs zur Euthanasie-Debatte

Wenn es brennt, werden der Staat und die Allgemeinheit aufgefordert einzugreifen. Dies konnten wir in den letzten Wochen und Monaten hautnah beim Umgang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise erleben.

Wenn es um den Umgang mit dem menschlichen Leben geht, sind Gesellschaft und Staat umso mehr gefordert. Die Risiken einer Liberalisierung des Strafrechts sind allenthalben bekannt. Dennoch werden sie von manchen zur Zeit noch als unerheblich oder mindestens abwägbar abgetan und nicht ernstgenommen.

In Bälde steht die Frage nach der Liberalisierung und Regulierung der Euthanasie wieder auf der Tagesordnung der Abgeordneten. Es soll ein einklagbares Recht auf Euthanasie geschaffen werden. Damit werden die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens der Menschen in Luxemburg grundlegend verändert. Die Symbolkraft und Signalwirkung von Gesetzen kann nicht unterschätzt werden. Möglichkeiten wie das Töten auf Verlangen, die der vorliegende Gesetzesvorstoß vorsieht, werden rasch zur Normalität und bald auch zum vermeintlich legitimen Angebot der Gesellschaft an ihre Bürger. Auch wer von sich aus nicht auf die Möglichkeit der Euthanasie zurückgreifen wollte, wird sich durch die gegebene Rechtssituation einerseits und steigenden gesellschaftlichen Druck andererseits fragen und fragen lassen müssen, warum er das Angebot der Euthanasie nicht für sich wahrnimmt.

Fälschlicherweise werden besagtem Argument, das auf die Verantwortung der Gesellschaft gegenüber ihren Bürgern abzielt, Einzelfälle entgegengehalten, bei denen die Euthanasie als Lösung einer schwierigen Lebenssituation gefordert und bisweilen von Außenstehenden öffentlichkeitswirksam unterstützt wurde. Darüber hinaus wird bei der Vermischung einiger schwierigen, gegebenenfalls mediatisierten Einzelsituationen und einer generellen gesetzlichen Regelung verschwiegen, dass das so genannte Sterben auf Verlangen die notwendige Zustimmung eines Dritten, zumeist eines Arztes, erfordert.

Hier wird die Gesellschaft ein zweites Mal gefordert. Und zwar soll sie dem Verlangen, getötet zu werden, zustimmen und es auch noch durchführen. Dort wo die Gesellschaft in der Person eines Dritten, der nach dem Gesetzesvorstoß nun immer ein Arzt sein muss, zustimmt, dass ein anderer Mensch auf seinen Wunsch hin getötet werden darf, kommt die Gesellschaft nicht um eine inhaltliche Aussage gegenüber dem Wert des Lebens herum. Faktisch spricht sie sich bei der Euthanasie gegen den Wert des Lebens aus. Sie nimmt Stellung und schätzt gemeinsam mit dem Antragsteller mitverantwortlich ein, ob dessen Wille und die vom Gesetzesvorstoss vorgesehenen Umstände Grund genug sind, seinem Wunsch nachzukommen. Ohne dass sich die Gesellschaft eine konkrete Lebenswertentscheidung gegenüber dem Einzelnen anmaßt, ist ein Euthanasiegesetz weder denkbar noch durchführbar. Die damit verbundene hohe Verantwortung soll den Ärzten ungefragt (und auch gegen den expliziten Willen der Ärztekammer) aufgebürdet werden.

Um diese Lebenswertaussage der Gesellschaft selber geht es der Kirche. Sie ist fest davon überzeugt, dass es Pflicht der Gesellschaft ist, einem jeden menschlichen Leben Sinn abzugewinnen und sich aktiv für dieses Leben einzusetzen. Genau diesem Sinnzweck entspricht der vorliegende Gesetzesentwurf zur palliativen Pflege und Versorgung. Der Gesetzesvorstoß zur Euthanasie steht, auch in seiner abgeänderten Fassung, in krassem Widerspruch dazu. Die gesellschaftspolitische Unvereinbarkeit der beiden Texte liegt auf der Hand. Die rechtliche Unvereinbarkeit hat der Staatsrat in seinen verschiedenen Gutachten immer wieder angemahnt.

Die Kirche Luxemburgs appelliert noch einmal an die Gewissen der einzelnen Abgeordneten, keine unverantwortliche Doppelbotschaft – für und gegen das Leben - an die Bürger und Bürgerinnen in Luxemburg zu geben. Ihre gesellschaftliche Verantwortung ist gefordert und steht auf dem Spiel. Denn die Abgeordneten werden nicht über Einzelfälle entscheiden, sondern über allgemeine gesetzliche Bestimmungen für alle Menschen in Luxemburg.

Sie öffnen einen Rechtsraum, in dem mehr Probleme geschaffen als gelöst werden. Wenn es um den Schutz des menschlichen Lebens geht, dürfen wir uns keine Ausnahmen leisten – auch nicht im Namen der Freiheit beziehungsweise eines falsch verstandenen Mitleids oder Würdebegriffs.

Selbst in lebenswidrigen Umständen bleibt der Mensch in seiner Würde und in seinem Leben unantastbar.

8. Dezember 2008

Fernand FRANCK
fernand.franck@cathol.lu
 
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