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Jahr A (2016-2017)  
7. Oktober 2017

„Windhauch, Windhauch“

08.10.2017

Mt 21,33-44

„Auserwähltes Geschlecht“, „Gottes auserwähltes Volk“, „Heiliges Land“, „Heiliger Rest“, „Gelobtes Land“, „meine Geliebte“ (etwa in Exodus 19, 5 ff., Jesaja 43, 20 ff., Deuteronomium 7, 6-9). Das sind einige der alttestamentlichen Titel, die sich gemeinhin im Sprachgebrauch rund um die gläubigen Mitglieder des Judentums etabliert haben. Sie bezeichnen die Einzigartigkeit der Erwählung durch Gott, die bedingungslose Liebe und Treue des Gottes Jahwe zu seinem Volk. Heimat und Heimatlosigkeit, Abwege, Irrwege, Umwege, Zeiten tiefster Innigkeit und Einigkeit mit Gott.

Das in der alttestamentlichen Lesung und im Matthäus-Evangelium (Jesaja 5, 1-7 und Matthäus 21, 33-44) dieses Wochenendes vorkommende Gleichnis vom Weinberg, dem Turm im Weinberg und der Kelter, den kriminellen und mordgierigen Pächtern des Weinberges, geht genau auf dieses innige Verhältnis ein. Matthäus interpretiert dieses Gleichnis christologisch, das heißt, in dem er auch Gottes Sohn, Jesus, einbaut.

Gott ist in diesem Geschehen der Weinbergbesitzer. Er ist aber unausgesprochen noch vielmehr: der Geliebte. Seine Hoffnung: „süße Trauben“. Das Ergebnis: „saure Beeren“. (Jes 5,2-4) Nichts Brauch- und Verwertbares. Er reagiert wie ein rasender, tollwütiger und betrogener Geliebter auf Sorglosigkeit und Abwendung seines „geliebten Volkes“. O-Ton Jesaja: „Jetzt aber will ich euch kundtun, was ich mit meinem Weinberg mache: Ich entferne seine schützende Hecke. Seine Mauer reiße ich ein; dann wird er zertrampelt. Zu Ödland will ich ihn machen. Dornen und Disteln werden dort wuchern. Ich verbiete den Wolken, ihm Regen zu spenden.“ Vom lockeren und wohlwollenden Wellness-Gott, den wir uns gelegentlich ausmalen, bleibt nichts übrig. Gott hinterlässt verbrannte Erde.

Matthäus beschreibt das Fehlverhalten noch deutlicher. Zwei Voraus-Truppen seiner Diener, ausgesandt um die Ernte einzustreichen, werden niedergemetzelt. Selbst der Sohn des Weinberg-Besitzers wird aus niedrigen Beweggründen umgebracht. Hier ist die Reaktion aber eine andere: „Er wird diesen bösen Menschen ein böses Ende bereiten. Darum sage ich euch: Das Reich Gottes wird euch weggenommen und einem Volk gegeben werden, das die erwarteten Früchte bringt.“ Es ist eine Mahnung an die Juden und Judenchristen.

Gott offenbart sich verbindlich. Er lässt niemanden fallen. Aber er lässt sich auch nicht von uns Menschen und unseren kleingeistigen und eigennützigen Charakteren beschränken und einrahmen. Er ist ein Gott des alltäglichen Lebens. Er will immer wieder neu entdeckt werden und er will, dass seine Liebe zu uns Frucht bringt. Nicht das krampfhafte Festhalten an erstarrten, toten Riten, Strukturen und Zahlen zählt, sondern die Verkündigung und die im Leben bezeugte Gnade, Güte und Barmherzigkeit Gottes. Alles Strukturelle und Institutionelle hat Dienstcharakter im Sinne eines Wegweisers oder einer Hinweistafel. Nicht mehr und nicht weniger. Wer ihm mehr Bedeutung zuschreibt, sollte an das Kohelet-Wort vom „Windhauch“ denken. Es soll hinweisen auf dieses heilende, versöhnende, inneren und äußeren Frieden bringende Wesen Gottes.

In der zweiten Lesung aus dem Philipper-Brief fasst Paulus dies treffend zusammen, wenn er schreibt: „Sorgt euch um nichts! Und der Gott des Friedens wird mit euch sein.“

Quelle: Luxemburger Wort

Karsten STEIL-WILKE
karsten.steil@cathol.lu
 
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