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Prisongspastoral . Pastorale de prison  
26. März 2015

Von der Kirche gesandt, um das Evangelium zu bezeugen…

Charta der Katholischen Gefängnisseelsorge im Großherzogtum Luxemburg

Die katholischen Gefängnisseelsorger, Männer, Frauen, Priester, Diakone, Laien, Ordensleute, Ehrenamtliche oder Hauptamtliche, werden vom Erzbischof von Luxemburg gemeinsam in einem Team ausgesandt als Zeugen des barmherzigen Christus [1]. Sie nehmen ihre Sendung im Namen der Kirche an [2] und „verkünden den Gefangenen die Entlassung“ [3]. Die symbolische Funktion, die sie erfüllen, lässt sie zu Trägern der Frohen Botschaft werden, die sie weit übersteigt.

Die inhaftierten Menschen befinden sich in einer sehr delikaten Situation, der mit Taktgefühl und Weisheit begegnet werden muss. Die Seelsorger respektieren die Freiheit und Geduld durch die Gott in den Herzen der Menschen wirkt. Zu den von der Gesellschaft Ausgeschlossenen gesandt, zeigen sie eine ganz besondere Aufmerksamkeit denjenigen Inhaftierten gegenüber, die am meisten zurückgewiesen und isoliert sind.

im Gefängnis…

Individuelle Begegnungen und gemeinschaftliche Feiern erlauben es den Inhaftierten, sofern sie es wünschen, eines ihrer Grundrechte wahrzunehmen: die Religionsausübung [4]. Die katholischen Gefängnisseelsorger, die in einer totalen Institution [5] arbeiten, in der Isolation, Misstrauen und Gewalt vorherrschen, verpflichten sich, die Gefängnisregeln zu befolgen und sie sorgen für gute Beziehungen zur Direktion, dem Personal und den Vertretern der verschiedenen Religionsgemeinschaften. Sie stehen durch ihr Engagement für die unveräußerliche Würde jedes einzelnen Menschen ein.

Durch die Unentgeltlichkeit ihrer Anwesenheit stellen sie neue Verbindungen her. Als Zeugen des einen Gottes, der nicht verurteilt, sondern den Menschen wieder aufrichtet, helfen sie den Inhaftierten, aus ihrer Einsamkeit herauszukommen und wieder einen Sinn in ihrem Leben über Schuld und Schuldhaftigkeit hinaus zu entdecken.

durch individuelle Begegnungen…

Die individuellen Begegnungen sind gekennzeichnet durch das Siegel der Verschwiegenheit [6]. Dies ist durch ein Großherzogliches Reglement garantiert [7]. Im übrigen finden die Begegnungen im Allgemeinen in den Zellen statt, einem Rahmen, der Vertraulichkeit zulässt.

Der Besuch bei Inhaftierten, die darum gebeten haben, stellt den wesentlichen Teil der seelsorglichen Arbeit dar. Der Seelsorger begegnet dabei dem Inhaftierten zu allererst als einfacher Ansprechpartner, der Inhaftierte seinerseits bestimmt den Inhalt des Gesprächs. Das absichtslose, empathische und distanzierte Anhören der häufig tragischen Lebensgeschichten zeugt von Respekt [8]. Der Seelsorger begleitet den Inhaftierten in seinem Leiden, seinen Hoffnungen, seinen Projekten und in seinem Willen, sich mit sich selbst und seiner Geschichte, mit den anderen und mit Gott zu versöhnen.

Der Seelsorger steht ihm während dieser Zeit zur Seite ohne jemals zu verurteilen [9]. So hilft er ihm, an seine Gotteskindschaft wiederanzuknüpfen und in seinem Glauben zu wachsen. Er ist dazu aufgerufen, sich zum Nächsten des Inhaftierten zu machen und in ihm – oft ohne Ihn dabei zu benennen – Christus zu erkennen, der da bei ihm in der Zelle sitzt [10].

Manchmal werden die Seelsorger Zeugen eines erstaunlichen Glaubensweges. Eine wohlwollende Stille kennzeichnet diese Momente der Gnade aus, in denen der Begleitende und der Begleitete das Wasser des Lebens aus demselben Brunnen schöpfen [11]. Die Beziehung öffnet sich nun auf Gegenseitigkeit und Geschwisterlichkeit hin.

und Zeiten von Gemeinschaft.

Die luxemburgische Gefängnisseelsorge steht vor den Herausforderungen der kulturellen und sprachlichen Diversität. Bei liturgischen Feiern wird diese Herausforderung zu einem Reichtum, der von der Universalität der Kirche zeugt. Die gemeinschaftlichen Zusammenkünfte können den Menschen helfen, sich nicht als vollständig unselbständige Inhaftierte, sondern als Getaufte und als Brüder und Schwestern zu erleben. Bei den Gesängen, dem Gebet und den Lesungen können die Inhaftierten eine aktive Rolle innerhalb der Feier übernehmen und ihre Begabungen ausdrücken. Somit bauen sie die christliche Gemeinschaft, die der Leib Christi ist, mit auf.

Andachten, Themenabende und Gesprächsgruppen [12] bieten auch Gelegenheit, sich über den Glauben auszutauschen, und ermöglichen gegenseitige Bereicherung und spirituelles Wachstum für jeden Einzelnen. In diesem Sinne werden die inhaftierten Christen zu einer wahrhaftigen Zelle der Kirche [13].

Hinter Mauern eingesperrt, bleibt die christliche Gemeinschaft im Gefängnis dennoch verbunden mit der lokalen, diözesanen und universellen Kirche. Markante Punkte im liturgischen Jahr machen diese Verbindung deutlich. Durch ihre Anwesenheit bei liturgischen Feiern oder Gruppenaktivitäten machen Christen von „draußen“ deutlich, dass das Evangelium keine Grenzen und keine Mauern kennt [14].

Die Gefängnisseelsorge unterstützt selbstverständlich jede Initiative von christlichen oder anderen Gemeinschaften, welche die Resozialisierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft des jeweiligen Menschen am Ende seiner Haftzeit erlaubt.

Wenn Menschen im Gefängnis sind, dann häufig weil sie anderen Leid angetan haben. Als Zeugen des mitleidenden Gottes und Zeichen der angebotenen Versöhnung des Gottes, der im Zentrum ihres Dienstes steht [15], kennen die Seelsorger den langen Weg, der zum Verzeihen führt. Treu zum Evangelium unterstützen sie die Initiativen, die eine Versöhnung zwischen Opfer und Täter und, im Rahmen des Möglichen, eine Wiedergutmachung des begangenen Verbrechens zum Ziel haben.

Original: französisch – Oktober 2014

Charta der Gefängnisseelsorge

[1„Denn ihr habt mit den Gefangenen gelitten“, Hebr 10, 34.

[2„Denkt an die Gefangenen, als wäret ihr mitgefangen“, Hebr 13, 3.

[3Lk 4, 18.

[4Art. 18 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

[5Dieses Konzept, das aus dem Bereich der Soziologie stammt, beschreibt eine von der Außenwelt abgeschnittene und nach bürokratischen Richtlinien funktionierende Institution, die sich um alle Belange der Menschen kümmert, wo die Kontakte zwischen Eingeschlossenen und Bewachern eingeschränkt sind (vgl. Erving Goffmann, Asylums, 1961).

[6Die vom Erzbischof beauftragten Seelsorger haben vollen Anteil an der Mission der Versöhnung. Sie sind an ein striktes Einhalten des Beichtgeheimnisses gebunden, vgl. KRC 983. Alle im Namen der Gefängnisseelsorge Handelnden sind an die Schweigepflicht gebunden.

[7„Es ist den Bediensteten der Glaubensgemeinschaften und den Personen, die in den Einrichtungen mit dem moralischen Beistand beauftragt sind, untersagt, Kenntnisse, die sie in Ausübung ihrer Funktion erlangt haben, weiterzugeben. Bei Zuwiderhandlung wird ihnen die Befugnis entzogen.“, RGD 89, Art. 96.

[8„Lege deine Schuhe ab, denn der Ort, wo du stehst, ist heiliger Boden“, Ex 3, 5.

[9Joh 8, 10-11.

[10„Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht“, Mt 25, 36.

[11Joh 4, 10.

[12Gruppen für Bibelarbeit oder Katechese, Chöre usw.

[13„Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen“, 1 Petr 2, 5.

[14„Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid “einer” in Christus Jesus“, Gal 3, 28.

[15„Aber das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat. Wir sind also Gesandte an Christi statt, und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!“, 2 Kor 5, 18.20.

 
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