lb fr pt en de
Jahr C (2015-2016)  
12. November 2016

Vom langen Atem der Zuversicht

13.11.2016

Lk 21, 5-19

Die Szene, die der Evangelist Lukas uns vor Augen führt, spielt sich im Tempel von Jerusalem ab. Hier, mitten im Zentrum der Frömmigkeit, spricht Jesus von Chaos und Zerstörung: Kriege, Unruhen, Erdbeben und Hungersnöte werden die Endzeit einläuten und zuvor werden die Menschen, die sich zu ihm bekennen, Verfolgung und Verrat erleiden bis in den Familien- und Freundeskreis hinein.

Der Evangelist spiegelt die Nöte seiner Zeit zurück in die Vergangenheit; für die Gemeinden um das Jahr 80 n. Ch., an die Lukas sich wendet, ist die Zerstörung des Tempels vollendete Tatsache und die Verfolgung der Christen eine Realität. Die Gefahr ist groß, dass sie aufgeben, dass sie die Zeichen der Zeit falsch erkennen und sich aus der Angst heraus von falschen Propheten verführen lassen.

„Kein Stein wird auf dem anderen bleiben“: von den schönen Steinen und Weihegeschenken, von denen die Rede war, lenkt Jesus den Blick auf die bittere Realität der Zerstörung und Verfolgung. Die Apokalyptik in diesem Text ist kein Verweis auf eine ferne Zukunft, sondern ein Blick auf die harte Realität, der Gott sich in Christus selbst ausgeliefert hat.

Die Parallelen zu unserer Zeit liegen auf der Hand. Wenn wir auf unseren Bildschirmen durch soziale Netzwerke und Nachrichtendienste scrollen, drängt sich uns eine Hiobsbotschaft nach der anderen vor die Augen. Wir möchten manchmal Herz und Verstand ausschalten, um nicht überwältigt zu werden vom Bild einer Welt voll von Katastrophen, Krieg und Gewalt, Terror, Hassreden und Verzweiflung. Die Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer Religion oder Weltanschauung ist für Tausende bittere Realität. Spaltung und Unfrieden werden geschürt quer durch unsere Gesellschaft und unsere Gemeinschaften. Mehr oder weniger charismatische Figuren und Parteien setzen sich mit allzu einfachen Lösungen in Szene und schlagen Kapital aus der Angst und der Ohnmacht der Menschen.

In diesem biblischen Text geht es nicht darum, Angst zu schüren, sondern um Gottvertrauen, Mahnung, Zuspruch und Trost: kein Haar wird euch gekrümmt. Die Beziehung mit Gott überwindet die Angst, sie heilt und stärkt auch und gerade dann, wenn Mauern über den Haufen fallen. Für die Gemeinden im 1. Jahrhundert wie für unsere Gemeinschaften heute ist die Pflege einer lebendigen Beziehung unter Menschen und mit Gott wichtiger als der Erhalt von Mauern und anderen Sicherheiten.

Was also tun? Hören wir noch einmal auf die Worte Jesu im Evangelium: ihr sollt nicht erschrecken, keinen falschen Propheten nachjagen, standhaft bleiben und fest dazu entschlossen, euch nicht um Eure Verteidigung zu kümmern. Die so beschriebene Zuversicht ist keine rosa Brille, sondern eine tief in Gott und in der Realität verankerte Lebenshaltung. Sie zeigt Prioritäten auf und hilft uns, entsprechende Entscheidungen zu treffen mit ihren Risiken und Konsequenzen.

Der evangelische Theologe, Widerständler und Glaubenszeuge Dietrich Bonhoeffer hat eine solche tätige Zuversicht exemplarisch vorgelebt und in seinen Briefen aus der Gefängniszelle des Naziregimes in Worte gefasst, die unter dem bedeutungsvollen Titel „Widerstand und Ergebung“ sechs Jahre nach seinem gewaltsamen Tod veröffentlicht wurden. Gerade heute lohnt es sich, die Briefe nachzulesen und den folgenden, mittlerweile mehrfach vertonten Text wieder in seinem Zusammenhang zu verstehen und für unsere Zeit nachzusprechen:

Von guten Mächten wunderbar geborgen,
erwarten wir getrost, was kommen mag.
Gott ist mit uns am Abend und am Morgen
und ganz gewiss an jedem neuen Tag.

Quelle: Luxemburger Wort

 
Ä e r z b i s t u m    L ë t z e b u e r g   .   A r c h e v ê c h é   d e   L u x e m b o u r g    .   
YouTube
SoundCloud
Twitter
Instagram
Facebook
Flickr
Service Kommunikatioun a Press . Service Communication et Presse
Äerzbistum Lëtzebuerg . Archevêché de Luxembourg

© Verschidde Rechter reservéiert . Certains droits réservés
Dateschutz . Protection des données
Ëmweltschutz . Protection de l'environnement
5 avenue Marie-Thérèse
Bâtiment H, 1er Étage
L-2132 Luxembourg
+352 44 74 34 01
com@cathol.lu