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5. September 2017

Die Echternacher Springprozession 2019 bedroht: Pacta sunt servanda!

Pressemitteilung des Willibrordus-Bauvereins

Mit einem gewissen Erstaunen musste der Verwaltungsgrat des Echternacher Willibrordus-Bauvereins feststellen, dass die Ferienordnung 2018/19 für den Pfingstdienstag, den Tag der Springprozession, keinen schulfreien Tag mehr vorsieht. Die Pfingstferien 2019 finden vom 25. Mai bis zum 2. Juni statt, der Pfingstmontag (10.6.) ist schulfrei, der Pfingstdienstag aber nicht! Da seit jeher jede Regierung, gleich welcher Zusammensetzung, die Tradition des schulfreien Pfingstdienstags im Hinblick auf die Springprozession respektiert hatte, glaubte man zuerst an eine Unachtsamkeit der Verwaltung. Deshalb wandten der Echternacher Bürgermeister Yves Wengler und Marc Diederich, Präsident des Willibrordus-Bauvereins, dem seit 1975 die Organisation der Springprozession übertragen wurde, sich zunächst mit einem Brief vom 3. März 2017 an Minister Meisch, in welchem sie auf die UNESCO-Konvention vom 17. Oktober 2003 hinwiesen, die in Artikel 11 vom Staat verlangt, alle notwendigen Maβnahmen zur Wahrung des geschützten immateriellen Kulturgutes zu ergreifen.

Artikel 13 dieser Konvention schreibt ganz explizit vor: «Chaque État partie s’efforce d’adopter les mesures juridiques, techniques, administratives et financières appropriées visant à garantir l’accès au patrimoine culturel immatériel tout en respectant les pratiques coutumières qui régissent l’accès à des aspects spécifiques de ce patrimoine.»

Deutlicher könnte die Vorgabe nicht sein! Erziehungsminister Meisch glaubte in seinem Antwortschreiben vom 17. März 2017 ihr zu genügen, indem er den Echternacher Schulen groβzügig am Pfingstdienstag schulfrei gab (Schulehalten wäre an dem Tag wohl kaum möglich!) und den übrigen Schülern des Landes die Teilnahme an der Springprozession erlaubt, falls sie eine entsprechende Entschuldigung (!) beim Lehrpersonal vorlegen. Er ist also entschlossen, dieselbe Prozedur wie bei den Oktavwallfahrten anzuwenden, obschon die Ausgangslage dieser beiden herausragenden Veranstaltungen sehr unterschiedlich ist. Die Oktavwallfahrten erstrecken sich über zwei ganze Wochen, wohingegen die Springprozession ausschliesslich am Pfingstdienstag stattfindet.

Die Springprozession hat neben ihrer religiösen Tradition, auch eine ausgeprägte kulturelle Dimension. Es gibt Teilnehmer, die kaum Kirchgänger sind, aber an der Prozession teilnehmen, weil eine lange Tradition in ihrer Familie oder im Heimatort sie dazu bewegt. Auch neue Bindungen an die Prozession entstehen. So nimmt die Zahl der „Anciens“ des Echternacher „Lycée classique“ von Jahr zu Jahr zu, weil die ehemaligen Schüler auf diese Weise dem „esprit d’Echternach“ huldigen und zusammen feiern wollen.

Diese jahrhundertalte Tradition wurde im November 2010 von der UNESCO zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt, weil die ganze Zivilgesellschaft daran beteiligt ist und von ihr getragen wird.

Die Luxemburger Regierung hat mit der Unterschrift der damaligen Kulturministerin Octavie Modert im Januar 2010 in dem bei der UNESCO dafür eingereichten Antrag die Verpflichtung übernommen, alle notwendigen Maβnahmen zum Schutz dieses Kulturerbes zu unternehmen. Unter der Rubrik ICH-02 des Antragsformulars war diesbezüglich eine wesentliche Frage gestellt worden: «Cette rubrique doit fournir la preuve que l’État partie concerné est prêt à soutenir l’effort de sauvegarde en créant des conditions favorables à sa mise en oeuvre, et doit décrire comment l’État partie a démontré un tel engagement par le passé et pour l’avenir.»

Auf diese Frage wurde im Antrag an die UNESCO folgendermaβen geantwortet: «Les responsables politiques ont toujours veillé, dans leurs décisions concernant les vacances scolaires, à maintenir le Mardi de la Pentecôte, jour de la procession, comme jour férié scolaire. Les années où cette fête tombe tardivement et que, par conséquent, la semaine de vacances scolaires précède le dimanche de la Pentecôte, les vacances sont prolongées jusqu’au mardi inclusivement pour permettre aux élèves, éducateurs et parents de participer à la procession.»

Man hätte von der jetzigen Regierung, die beim „nation branding“ gerne auf die Einzigartigkeit des UNESCO-Kulturerbes Springprozession hinweist, erwarten können, dass sie die von den Vorgängerregierungen praktizierte Regelung weiterführen würde. Pacta sunt servanda! Aber nein! In seinem Antwortschreiben vom 5. Juli 2017 an Bürgermeister Wengler und Präsident Diederich, die in einem Brief vom 29. Mai ihre Besorgnis ausgedrückt hatten, antwortete Staats- und Kulturminister Xavier Bettel kurz und bündig, dass er sich der Anordnung des Erziehungsministers anschlieβt, mit dem Hinweis, es sei dieselbe Regelung wie für die Oktave. Auf die vorgebrachten Argumente und den Wunsch um eine Unterredung ging er nicht ein.

Diese Haltung der Regierung ist ein klarer Bruch der UNESCO-Konvention über das immaterielle Kulturerbe, welche am 23. Dezember 2005 vom Parlament einstimmig angenommen wurde, und der im Januar 2010 an die UNESCO abgegebenen Verpflichtung zum Schutz der Springprozession.

Nachdem alle bisher unternommene Schritte ergebnisloslos geblieben sind, ist es Zeit, der Öffentlichkeit unsere Argumente zu unterbreiten.

Wird der Pfingstdienstag 2019 nämlich nicht schulfrei erklärt, wird für die Springprozession eine schmerzhafte Zäsur entstehen. Wenn nämlich eine Tradition auch nur kurz unterbrochen wird, verschwinden schnell langjährige Gepflogenheiten und Bindungen. Wenn Eltern zu Beginn der anstehenden Prüfungszeit für ihre Kinder zwischen Schulbesuch und Beteiligung an der Springprozession entscheiden müssen, hat der Schulbesuch verständlicherweise vielfach den Vorrang. Viele Schulkinder und Studenten, die das jugendliche Bild der Springprozession in den vergangenen Jahren geprägt haben, werden in der Prozession fehlen. Die Folgen werden unausbleiblich sein: Die Zahl der Luxemburger Pilger wird abnehmen. Die Nachbarpfarreien, die seit jeher, neben den Echternachern und den Eifelpilgern, den Kern der Prozession bildeten, indem sie mit ihren Musikgesellschaften und der ganzen Dorfgemeinschaft auftraten, werden in beschränkter Zahl kommen, da das Lehrpersonal und die Eltern fern bleiben werden. Die Schulklassen aus dem deutschen Grenzgebiet hingegen, die sich mit ihrem Lehrpersonal jedes Jahr anmelden, werden das Bild der Prozession prägen.

Die Musikgesellschaften, die Mühe haben, an dem Tag genügend Musikanten zu verpflichten, werden auf viele jugendliche Mitglieder verzichten müssen. Wenigstens drei jugendliche Musikgesellschaften („Flûtes et guitares“ Walferdingen, Lycée classique Diekirch und „École de Musique Da capo“) werden wahrscheinlich ganz ausfallen.

Der Schaden, den die bedauerliche Verordnung des Erziehungsministers anrichten wird, wird sich in den kommenden Jahren negativ auf die Prozession auswirken. Dabei sollte man wissen, dass die Ausnahmeregelung für den schulfreien Pfingstdienstag relativ selten nötig ist. In den letzten 43 Jahren (1975-2017) wurde sie nur 9 Mal angewandt, so. z.B. auch unter der sozial-liberalen Regierung Thorn in den Jahren 1978 und 1979. Im Jahr 2019 wird darüber hinaus kein Schultag verloren gehen, falls der Pfingstdienstag frei ist, denn die Pfingstferien fallen in diesem Jahr in die Woche von Christi Himmelfahrt, so dass den Schülern dabei ein schulfreier Tag „verloren“ geht, den man am Pfingstdienstag wieder einholen könnte. Erstaunlicherweise war zu erfahren, dass für die Schüler des Schengen-Lycée ein schulfreier Tag am Pfingstdienstag 2019 vorgesehen ist. Die saarländische Regierung zeigt damit Respekt für die Bräuche ihrer Bevölkerung, kommen doch viele Pilger aus dem Saarland jedes Jahr zur Springprozession.

Würde man in der Regel den Pfingsdienstdag als schulfrei erklären, wäre dies ein starkes Zeichen, dass man das immaterielle Kulturerbe als Bestandteil der kulturellen und religiösen Identität des Landes achtet und schützen will. Für die UNESCO ist es vorrangig, die Visibilität dieses wertvollen Kulturerbes zu fördern. Luxembourg, make it happen!

Der Verwaltungsrat des Willibrordus-Bauvereins Echternach a.s.b.l.

 
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