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Jahr A (2019-2020)  
19. September 2020

Der Arbeiter der elften Stunde

Kommentar zum 25. Sonntag im Jahreskreis Danièle Faltz r.d.c.

Die Parabel von den Arbeitern im Weinberg des Herrn ist sehr vielschichtig. Doch ich nehme an, Jesus wollte weder zum Thema Lohnpolitik, noch zum Thema Arbeitslosigkeit oder soziale Gerechtigkeit sprechen. Sein eigentliches Thema ist wie immer Gott. Was sagt diese Parabel über Gott aus?

Gott will nicht alles allein oder selber erledigen, er braucht die Arbeiter in seinem Weinberg. Er will die Menschen an der Vollendung seiner Schöpfung teilhaben lassen. Allein aus dieser Sicht heraus ist unsere Arbeit wertvoll, egal welcher Art sie ist. Sie trägt wesentlich zur menschlichen Würde bei. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der Herr des Weinbergs, sogar noch zur elften Stunde, Menschen in seinen Weinberg ruft. Alle können und sollen ihren Beitrag leisten im Reich Gottes.

Die Tagelöhner der elften Stunde waren sicher nicht die Besten. Sie haben den ganzen Tag auf dem Dorfplatz herumgestanden, auf ein Arbeitsangebot wartend. Ihnen wurde bis dahin keine Arbeit angeboten; waren sie vielleicht müde, krank, schwach und somit „unbrauchbar“ für die anstrengende Arbeit im Weinberg? So ist Gott: er zählt auch auf den Beitrag der Schwächsten, das ist sehr tröstlich, auch für uns.

Was ist der Lohn für die geleistete Arbeit? Die Arbeiter der 1. Stunde haben mit dem Herrn des Weinbergs einen regelrechten Vertrag abgeschlossen: sie werden entlohnt mit einem Denar, also mit dem, was notwendig war, um ihre Familie einen Tag zu ernähren. Den nächst Engagierten wird ein gerechter Lohn versprochen, was immer das auch sein wird, die Letzen werden ohne irgendein Versprechen zur Arbeit geschickt.

In der Parabel erhalten alle abends denselben Lohn, wie abgemacht mit den Arbeitern der ersten Stunde: einen Denar. Und die Ersten müssen zusehen, wie den Letzten derselbe Lohn ausgehändigt wird. Im Reich Gottes wird es auch so sein.

Gottes Gabe ist nicht teilbar und nicht an Leistung gebunden. Gott selbst, die Gemeinschaft mit ihm, ist letztlich der Lohn, auf den wir alle hoffen dürfen. Egal wie lang und wie anstrengend wir gearbeitet haben.

Ein normal denkender Mensch muss spätestens jetzt hellhörig werden. Leistung zählt also nicht bei Gott? Weshalb sich anstrengen, wenn jeder dasselbe erhält?

Genau das will Jesus uns in dieser Parabel erklären: Gott ist der ganz Andere. Unsere Kategorien von Sozialprestige, Leistung, Rang, Titel, Macht und Geld zählen nicht. Der Lohn, auf den wir hoffen, ist Gott selbst, er kann und will sich nur ganz und bedingungslos verschenken. An jeden Menschen, denn er will mit allen seine Liebe teilen. So wie Jesus es in der Eucharistie vorausnimmt.

Für mich ist das eine sehr befreiende Botschaft. Ich kann dazu stehen, ein Arbeiter der elften Stunde zu sein, nicht besonders engagiert, nicht besonders fleißig, nicht besonders effizient, auch nicht besonders fromm. Eben mittelmäßig, wie die meisten von uns.

Das Einzige, was vor Gott zählt, ist die Entscheidung, seine unendliche und unentgeltliche Liebe anzunehmen, ohne etwas dagegen leisten zu müssen, ohne sie zu verdienen.

Diese Entscheidung hat allerdings Konsequenzen. Mit der Liebe nehme ich auch die Verpflichtung an, Gottes Liebe zu teilen, mit allen Menschen, unentgeltlich. Genau wie Gott.

Wie schön wäre es in unserer Kirche und in unserer Welt, wenn wir alle wie Gott handelten, wenn hier und jetzt die Letzten wie die Ersten angesehen würden!

Übrigens: auch ein eher mittelmäßiger Arbeiter der 11. Stunde kann dazu seinen Beitrag leisten!

Quelle: Luxemburger Wort

Danièle FALTZ r.d.c.
daniele.faltz@cathol.lu
 
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