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Jahr C (2015-2016)  
9. April 2016

„Dich führen, wohin du nicht willst.“

10.04.2016

Joh 21, 1-19

„Dich führen, wohin du nicht willst.“ Viele Menschen müssen das in ihrem Leben erfahren, was der Auferstandene seinem Jünger Petrus voraussagt: „Amen, amen, das sage ich dir: Als du noch jung warst, hast du dich selbst gegürtet und konntest gehen, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst“ (Joh 21, 18). Und der Evangelist gibt als Deutung: „Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er [Petrus] Gott verherrlichen würde.“ Ja, so ergeht es auch vielen Menschen unserer Zeit. Sie merken plötzlich, dass der Lauf ihres Lebens eine Wende nimmt, die sie nicht wollen, und sie können sich noch nicht einmal dagegen wehren. Sie spüren, dass ihnen keine Wahl bleibt oder nur eine Wahl zwischen Möglichkeiten, die alle unerträglich sind. Menschen erleben, dass ihnen Kreuze auf die Schultern gelegt werden, die sich nur ein Vermessener hätte wünsche können.

„Keine heile Welt“

Wie viele Menschen gibt es, deren Lebenshoffnungen schon im Keim erstickt werden durch Krankheit, durch Behinderung.
Wie viele Menschen gibt es, die ihre Begabungen niemals entfalten dürfen, die gefesselt sind an einen Beruf, den sie nicht lieben können.
Wie viele Menschen haben sich verfangen in das Netz einer Lebensform, die unglücklich macht und einsam.
Wie viele Menschen gibt es, die im Laufe ihres Lebens – durch welche Schuld auch immer – in Zwänge geraten, die sie nicht abschütteln können.
Wie viele Menschen gibt es, die immer vor vollendete Tatsachen gestellt werden, die nie nach ihrer Zustimmung gefragt worden sind.

Was macht der Mensch, der allmählich oder ganz plötzlich begreift, dass er geführt wurde, wohin er nicht wollte? Er kann sich wehren, mit Händen und Füßen um sich schlagen. Es wird ihm nichts nützen. Er kann sich einreden, dass er ja im Grunde einverstanden sei, aber sein Herz wird es ihm nicht glauben. Er kann versuchen, das Beste aus seiner Lage zu machen. Er kann versuchen, sich aus den Trümmern seines Lebens noch ein bescheidenes Glück zu zimmern. Ist das aber wirklich ein Weg?

„Und führen, wohin du nicht willst.“ Vielleicht ist es besser, alle Ausflüchte zu lassen.

Auch das Evangelium dieses 3. Ostersonntags verrät uns nicht, wie ein Mensch das bewältigen kann. Für den Glaubenden gibt es kein Zauberwort, das aus Unerträglichem Erträgliches macht. Der Glaube führt uns nicht in eine heile Welt. „Gott geht nicht nach Utopia“, sagt der Dichter Stefan Andres (1906-1970) einmal, „aber auf die tränenfeuchte Erde kommt er immer wieder.“

Wer glaubt, lebt nicht in Utopia, wo es kein Leid, keine Träne, keine Angst mehr gibt. Aber wer glaubt, spürt vielleicht mitten im Wirrwarr seines Lebens Gott an seiner Seite. Der erfährt vielleicht, dass Gott gerade da ist, wo Menschen leiden und weinen. Der 
erfährt vielleicht, dass Gott dem zum Weggefährten wird, der geführt wird, wohin er nicht will.

Zu einem solchen Glauben kann sich der Mensch nicht einfach entschließen. Einen solchen Glauben kann uns niemand einreden, ein solcher Glaube liegt in keines Menschen Hand. Ein solcher Glaube kann uns nur geschenkt werden – aus Gottes Gnade heraus. Aber öffnen können wir uns für diesen Glauben, wenn er kommt wie das Licht nach einer langen, dunklen Nacht.

Claude BACHE
 
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