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Jahr C (2021-2022)  
25. Mai 2022

„Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters.“

Kommentar zu Christi-Himmelfahrt von P. Jean-Jacques Flammang SCJ (26.5.2022)

Im christlichen Glaubensbekenntnis stehen beide Sätze nebeneinander und werden oft so verstanden, als ob der auferstandene Christus, in den Himmel aufgefahren, dort sofort den definitiven Platz zur Rechten des allmächtigen Vaters eingenommen hätte. Die Himmelfahrt wäre somit das Ziel der menschlichen Geschichte. Mit ihr wäre Christus die endgültige Macht gegeben über die ganze Schöpfung. Uns Menschen bliebe nichts Neues zu entdecken und zu schaffen, sondern lediglich das auszuführen, was Jesus uns bei seiner Himmelfahrt hinterlassen hat, um auf dem Glaubensweg ans Ziel zu kommen.

Das ist aber nicht die einzige Auslegung der Himmelfahrt, wie es in seiner theologischen Doktorarbeit der bedeutende Wirtschaftler, Mathematiker und Sozialphilosoph Gaël Giraud aufgewiesen hat.

Man könne auch mit Lukas und Johannes die Himmelfahrt Jesu anders verstehen: Christus ist so zusagen im Himmel verschwunden, aber damit ist das Ziel noch nicht erreicht: er wird wiederkommen, wie es den Aposteln bei der Himmelfahrt erläutert wurde: « Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch fort in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkehren, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. » Christus hat sich demnach nicht endgültig zur Rechten Gottes gesetzt. Die Heilsgeschichte hat ihr Ziel noch nicht erreicht. Neues kann und muss entstehen, und Christus wird dann, wie es Johannes in seiner Offenbarung aufzeigt, wiederkommen und jene, die in der Drangsal gesiegt haben, mit auf Gottes Thron nehmen und sitzen lassen.

Mit der Himmelfahrt Jesu wird der Menschheit also aufgetragen, immer noch und immer wieder Neues zu schaffen, um die Sache Jesu zum Ziel zu bringen. Es geht nicht nur darum, etwas zu verwirklichen, was schon vorgegeben wäre. Es geht vielmehr darum, in der Kraft des Heiligen Geistes, immer wieder neue Gestalten zu schaffen, damit Gott ganz bei uns ankommen kann, wirtschaftlich und politisch, auch was Umwelt und Klima betrifft, Finanzen, künstliche Intelligenz und zwischenmenschliches Zusammenleben, sowie geistige Entwicklung auf Zusammenarbeit hin zum allgemeinen Wohl und zum Frieden zwischen den Nationen.

Die Himmelfahrt Christi ist also nicht letztes Ziel, sondern grundlegender Baustein, die Welt immer neu im heiligen Geist zu gestalten, kreativ und tatkräftig der Wiederkunft Christi entgegen.

Hier darf und muss Neues entstehen. Alte Machtverhältnisse in Kirche und Welt müssen entsakralisiert werden, um Platz zu schaffen für ein besseres zwischenmenschliches Zusammenleben, im Einklang mit der Natur, die als gefallene Schöpfung dem Menschen nicht Maßstab oder gar Göttin sein könnte, sondern selbst mit ihm ihrer Vollendung entgegen gehen muss. Papst Franziskus hat in seinen Enzykliken « Laudato si’ » und « Fratelli tutti » neue Gestaltungsmöglichkeiten für Mensch und Welt aufgezeigt. Zwischen Himmelfahrt und Wiederkunft Jesu ist es Aufgabe der Menschheit, mitverantwortlich für die Vollendung der ganzen Schöpfung, solch neue Gestalten im heiligen Geiste zu erkennen und zu verwirklichen.

P. Jean-Jacques Flammang SCJ

Jean-Jacques FLAMMANG SCJ
 
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