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17. Februar 2022

Wie Gott mir, so ich dir

Kommentar zum 7. Sonntag von Henri Hamus (20.2.2022)

Segne, Höchster, auch meine Feinde!” So lautet der letzte Tagebucheintrag von Karl Leisner. Der 1915 am Niederrhein (unweit von Kevelaer) geborene Karl Leisner war von 1939 bis zur Befreiung in Haft; er wurde Ende 1944 im KZ Dachau vom französischen Bischof und Mitgefangenen Gabriel Piquet heimlich zum Priester geweiht und starb an Tuberkulose im August 1945; am 23. Juni 1996 wurde er von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen.

Das Gebet um Segen für die Peiniger erhält auf dem Hintergrund seiner leidvollen Erfahrungen eine besondere Tiefe. Die von Jesus im Evangelium geforderte Feindesliebe ist nicht zum Nulltarif zu haben.

Mit anderen Augen sehen

Feindesliebe ist nicht einfache und billige Gefühlsliebe – Feindesliebe ist Überwindung der natürlichen Ablehnung, des fast instinktiven Hasses, ist die Umkehrung des Negativen in positive Energie. Der andere, der mir Böses antut, der mir weh tut und mich schädigt, wird mir nie sympathisch sein! Entscheidend ist, dass ich ihn mit anderen Augen sehen lerne, eben nicht als Feind, sondern als Menschen.

Tatsächlich reagieren wir (immer noch!) nach dem Gesetz der Gegenseitigkeit: wie du mir, so ich dir! „Lass dir nichts gefallen! Wehre dich!" Die Ratschläge der Eltern sind bekannt. „Ich will doch nicht der Dumme sein! Man kann doch mit mir nicht machen wie man will.

Wenn diese Haltungen und Überzeugungen sich durchsetzen, dann stehen früh oder spät die Panzer an der Grenze, überfliegen Bomber das Land und wird mit Atomwaffen gedroht. Und es werden Stacheldrahtzäune aufgebaut, die Grenzen abgedichtet und Flüchtlinge zurückgedrängt („pushback“ ist das Unwort des Jahres 2021).

Ein alter chinesischer Kaiser, so erzählt eine Ballade, hatte vor, das Land seiner Feinde zu erobern und sie alle zu vernichten. Später sah man ihn mit seinen Feinden speisen und scherzen. ’Wolltest du nicht Deine Feinde vernichten?’, fragte man ihn verwundert. Der Kaiser antwortete: ’Ich habe sie vernichtet. Ich machte sie zu meinen Freunden.’

Feindesliebe, wie Jesus sie fordert, bedeutet Wandlung; diese Wandlung geschieht bei mir, in mir! Ich schlage nicht zurück, wenn der andere mich auf die Backe schlägt. Kinder haben im Religionsunterricht oft gesagt: „Das kann ich nicht„. Ich schlug dann vor: „Dann schlag nicht so fest zurück“. Das wäre doch mal ein Anfang!

Feindesliebe heißt: bei mir ist Endstation. Ich unterbreche die Kettenreaktion der Feindseligkeiten. Ich heble die Logik der Vergeltung aus. Ich gebe dem anderen die Möglichkeit aufzuhören.

Wie Gott mir, so ich dir

Jesus dreht das Gebot der Feindesliebe ins Positive: tut Gutes, betet, segnet! Und ganz konkret: dem, der dir den Mantel wegnimmt, lass auch das Hemd! Gib jedem, der dich bittet!

Es zeugt von Großmut und Stärke, sich nicht zu erniedrigen, um so zu werden wie der, der mir seine Feindschaft entgegenschleudert.

Der hl Klemens Maria Hofbauer (+1820) hat Geld für sein Waisenhaus gesammelt, auch in einem Wirtshaus. Ein Wirtshausbesucher hat ihm voll Hass ins Gesicht gespuckt. Der Heilige hat in Ruhe sein Gesicht abgewischt und sein Gegenüber aufgefordert: So, das war für mich, und jetzt geben Sie bitte etwas für meine Waisenkinder. Der Mann hat daraufhin perplex in seine Tasche gegriffen und etwas für die Kinder gespendet.

Jesus gibt uns einen Maßstab für unser Verhalten: die Liebe Gottes. „Er ist gütig auch gegen Undankbare und Böse. Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist!”
Dem „Wie du mir so ich dir” stellt er entgegen: „Wie Gott mir, so ich dir!”

Wir wissen: unser Leben wird immer hinter dem Maß Gottes zurückbleiben. Wir sind keine Friedensengel und Unschuldslämmer! Aber vielleicht kann hier und da etwas durchscheinen von der Liebe und Barmherzigkeit Gottes.

Wir brauchen in der Kirche ein menschenfreundlicheres und versöhnendes Gesicht, nicht wegen des Images der Kirche, aber wegen der Treue zu ihrer Mission.

Henri HAMUS
henri.hamus@cathol.lu
 
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