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19. August 2022

Mit weitem Herzen durch die enge Tür

Kommentar zum 21. Sonntag von Karsten Steil-Wilke (21.8.2022)

In dem Umbruchsprozess insbesondere in der Katholischen Kirche scheint es zum Showdown zwischen den Argumenten von Bewahrern und Öffnern hinsichtlich der Sozialgestalt, der Verfasstheit und der Lehre der Kirche zu kommen. Zurück bleibt die Frage, was zu bewahren notwendig ist, was Ballast ist, der getrost abgeworfen werden kann, wieweit kann das organisierte Christsein, die Kirche, sich von der Realität der Zeit abkoppeln ohne den Anschluss zu verlieren und was hält uns als Christen überhaupt noch zusammen.
Vor dem Hintergrund von Sätzen aus den heutigen Schrifttexten wie „ihre Opfergabe in reinen Gefäßen zum Haus des HERRN bringen“ (Jesaja 66, 20 aus der Ersten Lesung), „denn wen der Herr liebt, den züchtigt er“ (Hebräerbrief 12, 6 aus der Zweiten Lesung) und dem Bonmot von der engen Tür und dem Herrn, der diese Türe verschließt und nur wenige Menschen reinkommen lässt, scheint die Auslegungsrichtung dieser Texte, die eine Atmosphäre von Härte, Entschlossenheit und Willkür verbreiten, klar. Überspitzt könnte dies so formuliert werden: Die Reihen fest geschlossen, biometrisch basierte Taufscheinkontrolle und offensive Propaganda für eine wirklich wahre und reine Lehre.
Dieser Textfilter würde jedoch viele Nuancen der Schrifttexte, die Flexibilität, Weite, Heilung und Einfachheit in sich tragen, übersehen.
In der Lesung aus dem Buch Jesaja, spricht der Prophet sogar davon, dass Jahwe am Ende der Tage seinen Horizont so weitet, dass er sich sogar vorstellen kann, nicht-jüdische Gottesgläubige jüdischen Kultpriestern gleichzusetzen („und auch aus ihnen nehme ich einige zu levitischen Priestern“, Jesaja 66,21). Die erlebten Züchtigungen des Lebens können eher als Beweis der Treue und Nähe und Liebenswürdigkeit unseres Gottes verstanden werden, der uns durch das Schwere hindurch geleitet, als wie der Ausdruck eines quasi sadistischen Gottes, der gefallen daran findet uns zu züchtigen („damit die lahmen Glieder nicht ausgerenkt, sondern vielmehr geheilt werden!“, Hebräer 12, 13). So wird die „enge Tür“ vielleicht zum Appell für ein stetiges und existenziell-ernsthaftes Bemühen, mich und mein Leben von Jesus und seiner Botschaft durchdringen zu lassen. Eine VIP-Lounge für die „Best Friends of Jesus“ gibt es bei diesem jedenfalls nicht. Anstelle dessen: „Da sind Letzte, die werden die Ersten sein“ und umgekehrt. Einheit ist nur mit einem weiten und heißen Herzen möglich, das aufgrund der heilsamen Begegnung mit Jesus fest in ihm verankert ist. Die Texte von heute verstehe ich, als einen todernsten Aufruf zu Entschiedenheit in Dialog, Weite, Empathie und heilsamer Liebenswürdigkeit, selbst wenn ich mich damit in den Augen meiner Umgebung zum Narren mache. In diesem Sinne stellen für mich die Texte ein Aufruf zu einer Herzensweitung dar, um dadurch leichter durch die enge Himmelstür zu kommen.

Karsten STEIL-WILKE
karsten.steil@cathol.lu
 
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