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Priedegten 2022  
18. Mai 2022

Damit der Glaube in Krisenzeiten vertieft wird

Lauschtert a liest d’Oktavpriedegt vum P. Théo Klein SCJ (18. Mee 2022)

Lesung aus dem ersten Petrusbrief (1 Petr 5,1-11)

Eure Ältesten ermahne ich, als Mitältester und Zeuge der Leiden Christi, der auch an der Herrlichkeit teilhaben soll, die sich offenbaren wird: Weidet die euch anvertraute Herde Gottes, nicht gezwungen, sondern freiwillig, wie Gott es will; auch nicht aus Gewinnsucht, sondern mit Hingabe; seid nicht Beherrscher der Gemeinden, sondern Vorbilder für die Herde!

Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen. Sodann, ihr Jüngeren: Ordnet euch den Ältesten unter! Alle aber begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt Stolzen entgegen, Demütigen aber schenkt er seine Gnade. Beugt euch also in Demut unter die mächtige Hand Gottes, damit er euch erhöht, wenn die Zeit gekommen ist! Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er kümmert sich um euch!

Seid nüchtern, seid wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens! Wisst, dass eure Brüder und Schwestern in der Welt die gleichen Leiden ertragen. Der Gott aller Gnade aber, der euch in Christus zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen hat, wird euch, die ihr kurze Zeit leiden müsst, wieder aufrichten, stärken, kräftigen und auf festen Grund stellen. Sein ist die Macht in Ewigkeit. Amen.

In unserem Leben geraten wir in Situationen, in denen wir uns als hilflos, mutlos und ratlos erleben. Vielleicht hatten wir gedacht wir hätten alles im Griff. Aber das Leben verläuft nicht so. Wir haben nicht alles im Griff. Letztes Jahr hat Milly Hellers mit dem Thema der Oktavpredigten „Auf einmal war alles anders“ darauf aufmerksam gemacht. Das kleine Virus Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. 2015 wurde das Abkommen für Trennung von Glaubensgemeinschaften mit dem Staat unterschrieben. Und jeder erlebt in seinem persönlichen Leben Einschnitte, die weh tun. Wir können das Rad nicht zurückdrehen. Wenn wir die Situation verdrängen, werden wir früher oder später davon heftig bedrängt.

Der katholische Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller und früherer Leiter des Recollectio-Hauses von Münsterschwarzach stellt die provokante Frage: „Willst du leben oder willst du einbalsamiert werden?“ Es geht um das Leben. Wie leben wir? Wie leben wir aus unserem Glauben heraus? Ich meine das nicht einfach, was die kirchlichen Strukturen betreffen. Änderungen sind immer mit Unsicherheit und Angst verbunden. Es geht darum, dass wir nicht alles unkritisch annehmen oder pauschal verwerfen. Der heilige Ignatius gibt uns einen nützlichen Rat: „Verwerft das, was in euch Angst, Beklommenheit, Zorn und Trauer bewirkt, haltet euch an das, was in eure Seele Frieden, Freude, Mut und Freiheit bringt“. Denken wir daran besonders in dieser Zeit großer Prüfungen, in der wir mehr denn je jene ignatianische Kunst der geistlichen Unterscheidungen brauchen: Hüten wir uns vor falschen apokalyptischen Untergangspropheten, die Angst säen. Schätzen wir diejenigen, die den Glauben, die Liebe und die Hoffnung stärken.

Wie steht es mit unserem Glauben nach Trennung von Kirche und Staat, nach Corona, nach persönlichen Einschnitten? Schmerzhafte Einschnitte im Leben gab es noch immer und wird es immer geben. Unser Glaube ist nicht einfach ein schönes Gefühl, ein Spaziergang in einem romantischen religiösen Naturschutzpark.

Schon als der Tempel von Jerusalem zerstört wurde, musste das Judentum eine große Reform durchmachen: Die Ordnung der Opfer im Tempel wurde von der Ordnung der individuellen Gebete, von Familien- und Gruppengebeten ersetzt, der Altar des Tempels wurde vom Tisch der jüdischen Familie ersetzt, viele Bibelstellen ganz neu begriffen werden. Das Glaubensleben wurde auf das Studium der Schrift, auf das Gebet und auf das Verrichten guter Taten verlegt. Ist nicht das auch das Gebot der gegenwärtigen Stunde: Das lebendige Wort Gottes im Mittelpunkt- Jesus Christus ist das Wort: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott“. Diese Zeit ist eine günstige Gelegenheit und gilt als Chance Jesus Christus in den Mittelpunkt zu stellen, wie es im Hymnus aus dem Kolosserbrief heißt: „Christus hat in allem den Vorrang“. Wo Christus selbst in allem den Vorrang hat, dort steht es auch in turbulenten Zeiten um das Volk Gottes gut. Da wo im Geist und in Wahrheit gebetet wird, da ist die Kommunikation zwischen Mensch und Gott garantiert. Heutzutage überwiegen in exzessiver Weiser die Kommunikationsmittel wie Fernsehen und Internet und drohen das Gebet aus allem zu verbannen.

Probieren wir auch mal zum Rosenkranz zu greifen und ihn zu beten. Die Geheimnisse des Rosenkranzes drücken die Heilstaten aus, auch das Vaterunser, das Ave Maria und das Gloria Patri. Bibel und Gebet tun der Seele gut. Aus der lebendigen Beziehung mit Gott, mit Maria, erwächst die Sensibilität und der Einsatz für Menschen, und besonders für Menschen, die weniger Lebenschancen haben.

Ich bin tief darum überzeugt, dass zu einer reiner realen Anwesenheit Christi in der Eucharistie die reale Anwesenheit der Gemeinschaft der Gläubigen unteilbar gehört. Die Technik ermöglicht zwar wichtige Informationen, die für das Glaubensleben wichtig sind wie Katechese oder Predigten. Wenn unsere Kirchen durch die Umstände immer leerer werden, ist das nicht ein prophetisches Warnzeichen: Wenn unsere Kirche und unsere Frömmigkeit nicht einer Form durchgehen, eine Umkehr, eine Vertiefung, werden bald viele Kirchen gänzlich leer und geschlossen sein. Haben wir nicht schon seit geraumer Zeit in vielen Ländern den langfristigen Trend der Entleerung, das Schließen und das Verkaufen von Kirchengebäuden, Klöstern und Priesterseminaren beobachten müssen. Ist unsere jetzige Situation nicht ähnlich, wie wenn morgens der Wecker klingelt, um aufzustehen. Wenn wir den Wecker aber dann abstellen oder zu dem Fenster rauswerfen, um sich im Bett noch mal richtig gut umzudrehen um weiter zu schlafen, dann haben wir die Stunde verpasst, wie es Michael Gorbatschow treffend auf den Punkt gebracht hat: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Gerade in dieser turbulenten Zeit gilt es wachsam zu sein. Wir alle sind gefragt. Wenn etwas nicht so richtig abläuft, wie wir es uns wünschen, ist es billig mit dem Finger auf die Hierarchie zu zeigen und sie beschimpfen. Wir sitzen alle im gleichen Boot wie Papst Franziskus immer wieder betont. Bischöfe, Priester, Diakone, Laien – ja wir alle sind gefragt.

So wie der 1. Petrusbrief jeden im Blick hat, wird die Gemeinde als „heilige Priesterschaft“, „geistliches Bauwerk“, „Haus der lebendigen Steine“ im Wissen darum, dass dieses Haus eine Struktur braucht. Einen Plan. Dass die Statik stimmen muss. Das Interesse der Zukunft kommt hier zum Ausdruck. Haben wir Interesse daran? Oder lassen wir alles den Bach runter laufen und jammern resigniert: Es hat doch keinen Zweck.

Wichtig ist der Umgang miteinander. Im 1. Petrusbrief wird ein angemessenes christliches Verhalten inszeniert: zwischen Sklaven und ihren Herren, zwischen Frauen und Männern, zwischen Älteren und Jüngeren. Und die Frage der Leitung wird nicht ausgespart. Spannend, hoch spannend sogar, welche Grundanforderungen Petrus an christliches Führungspersonal stellt: zunächst bedient er sich der traditionellen Bild des Hirten. Dann beschreibt er das, was von den Ältesten verlangt wird, auch einfach mit dem Ausdruck „weiden“. In anderen Bibelübersetzungen heißt es: „Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes“. Dann aber konkretisiert er diesen Auftrag mit drei Gegensatzpaaren, wie er dies Weiden, Sorgen in rechter Weise versteht:

  • nicht aus Zwang, sondern freiwillig, wie Gott will,
  • nicht aus Gemeinsucht, sondern aus Neigung (Herzensgrund),
  • nicht als Beherrscher einer Gemeinde, sondern als Vorbilder für die Herde.

Ein Motivationsprofil für die Pastoral, drei Prüfsteine, die es in sich haben. Das entscheidende Profil für den Schreiber des ersten Petrusbriefes ist derjenige, den er den „Erzhirten“ nennt: Jesus Christus.

Schlägt unser Herz für Jesus Christus und sein Evangelium? Oder sind wir einfach Mitläufer, weil die anderen auch dabei sind? Als Christen haben wir die schönste Botschaft zu verkünden und bezeugen. Die Freude ist der zentrale Inhalt der Botschaft Gottes, die sich Evangelium nennt. Die Freude steckt nicht nur im Wort „Evangelium“, sondern sie steckt auch alle an, die auf das Evangelium hören, es verkünden und leben. Gott hat Freude am Menschen. Das lässt sich im Neuen Testament vor allem im 15. Kapitel des Lukasevangeliums bestätigen, in dem uns die Gleichnisse vom verlorenen Schaf, von der verlorenen Drachme und vom verlorenen Sohn geschenkt sind und das man mit dem Titel „Die Freude Gottes“ überschreiben könnte. Gott wird uns so vor Augen gestellt, der sich über das Verlorene, das er wiedergefunden hat, von Herzen freut.

Entdecken wir die Schönheit des christlichen Glaubens auch in ökumenischer Freundschaft mit Christen anderer Konfessionen. Ich denke gerne an die Begegnung mit Frère Roger Schütz, oder an den ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin, an dem ich mit meinem protestantisch-reformierten Freund, Pastor Karl-Georg Marhoffer teilgenommen hatte. Der protestantische Theologe Jürgen Moltmann sagt: „Das Christentum ist eine Religion der Freude Gottes.“ Das Christentum ist eine Religion der Freude, weil sie in erster Linie Gottes Freude an seiner Schöpfung verkündet. Der tiefste Grund der christlichen Freude aber ist die Freude Gottes selbst. Diese Freude Gottes und die Freude an Gott zu verkünden ist die wichtigste Sendung des heutigen Christen, wie Papst Benedikt XVI. immer in Erinnerung gerufen hat: „Die Freude an Gott, die Freude an Gottes Offenbarung, an der Freundschaft mit Gott wieder zu erwecken, scheint mir eine vordringliche Aufgabe der Kirche in unserem Jahrhundert. Gerade auch für uns gilt das Wort, das der Priester Esra dem ein wenig mutlos gewordenen Volk nach der Verbannung zurief: Die Freude am Herrn ist unsere Stärke“ (Neh 8,10).

Auch für Papst Franziskus ist die Freude ein Schlüsselwort, das er bereits in seinem Ersten Apostolischen Schreiben als ein Herzenswunsch alle Christen zum Ausdruck brachte: Die Freude des Evangeliums – Evangelii Gaudium. Denn er ist überzeugt, dass mit Jesus Christus immer – und immer wieder die Freude kommt und dass wir deshalb eine „neue Etappe der Evangelisierung“ brauchen, „die von der Freude geprägt ist“. Mein Mitbruder und jetziger Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer hat den Wahlspruch: „Wir wollen ja nicht Herren über euren Glauben sein, sondern wir sind Helfer zu eurer Freude; denn im Glauben sind wir fest verwurzelt“ (2 Kor 1,24). Ja, der Glaube ist schön.

Maria, auch in turbulenten Zeiten, zeige uns Jesus deinen Sohn. Du lädst uns ein nicht zu resignieren, sondern das zu tun, was er uns sagt.

 
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