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Jahr A (2022-2023)  
5. Oktober 2023

Mit Freude beten, mit Dank bitten

Kommentar zum 27. Sonntag im Jahreskreis von Roger Nilles (8.10.2023)

Die zweite Sonntagslesung hat es mitunter nicht leicht. Nicht selten wird sie im Gottesdienst gar nicht vorgetragen oder vor allem dann, wenn die erste, alttestamentliche Lesung (zu) vieler historischer oder kontextueller Vorkenntnisse oder Erklärungen bedarf, um verstanden zu werden. Auch bei der Schriftauslegung und im Kommentar zum Sonntag wird recht häufig der Bogen vom Textausschnitt aus dem Alten Testament zur Perikope aus dem Evangelium (und weiter dann zu „uns heute“) gespannt, ohne direkten Bezug auf die neutestamentlichen Briefe. Heute soll dies anders sein.

Zwischen dem Lied vom Weinberg mit seinen „faulen Beeren“ aus Jesaja und seinem neutestamentlichen „Pendant“ von den „bösen Winzern“ aus dem Matthäus-Evangelium, in beiden Fällen Episoden mit enttäuschendem, ja tragischem Verlauf, ein ganz anderes Bild: Paulus begegnet uns im Brief an die Gemeinde von Philippi (im heutigen Griechenland) mit viel Freude. Der Apostel hat diese erste Gemeinde auf europäischem Boden, die er während seiner zweiten Missionsreise gründete, ins Herz geschlossen, fühlt sich ihr selbst aus dem Gefängnis heraus verbunden, gibt Biografisches von sich und seinen Mitstreitern preis, schickt einen Mitarbeiter und lässt sich von den Philippern unterstützen. Die wenigen Verse, die wir an diesem Wochenende hören, können, ja sollten uns dazu einladen, den ganzen Brief zu lesen – die Schrift ist ein echter Gewinn.

Auch wenn Paulus, Verkünder der frohen Botschaft, auch in diesem Brief den Mahner gibt und kurz vor falschen Lehrern warnt, so steht die Epistel, so wie sie in den Korpus der Heiligen Schrift eingegangen ist, doch in ihrem Grundton für Zuversicht, Gottvertrauen und Freude im Herrn. Der streitbare Kämpfer fürs Evangelium begegnet uns hier von einer ganz anderen Seite als zum Beispiel im Brief an die Galater. Ja, das Wort der Freude – vergessen wir nicht, dass Paulus diese Zeilen unter erschwerten Bedingungen angesichts seines ungewissen persönlichen Schicksals schreibt – zieht sich wie ein roter Faden durch das Schreiben. Trotz der gegenwärtigen Entbehrungen schenkt Paulus Hoffnung, ruft zur Eintracht auf, wirbt um Gemeinsinn, zählt die christlichen Grundhaltungen auf und dankt Gott und seinen Adressaten. So wie er die Gemeinde stützt, so stützt sie ihn.

Zwei Sätze sind mir bei der Lektüre hängen geblieben. Gleich zu Beginn seines Briefes: „Ich danke meinem Gott jedes Mal, sooft ich eurer gedenke; immer, wenn ich für euch alle bete, bete ich mit Freude.“ (1,3-4) Und dann gegen Textende: „Sorgt euch um nichts, sondern bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott.“ (4,6) Mit Freude beten, mit Dank bitten, in jeder Lebenslage. Klingt leicht und kompliziert zugleich.

Ich wünsche uns allen, dass wir uns ungeachtet aller möglichen und tatsächlichen widrigen Umstände, die das Leben auch für uns immer mal wieder bereithält, von der paulinischen Freude anstecken lassen, dass sie nah- und erfahrbar wird. Es ist eine Freude aus dem Evangelium heraus, von der Nähe Jesu Christi zu uns Menschen gespeist, es ist eine Freude, die wahrer Liebe entspringt. In diesem Sinne empfehle ich Ihnen die zweite Sonntagslesung.

Roger Nilles

Bistumskanzler

Roger NILLES
roger.nilles@cathol.lu
 
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