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Jahr B (2020-2021)  
8. Oktober 2021

Fünf Verben im Imperativ

Kommentar zum 28. Sonntag von Sr. Danièle Faltz (10.10.2021)

Als ich, vor mehr als 50 Jahren, mit unserer Pfadfinderinnen-Gruppe auf der Heimreise von Rom war, feierten wir kurz vor der Grenze die Abschlussmesse unserer Pilgerfahrt. 5 Verben – Tu-Wörter haben wir die früher auch genannt - wurden mir bei dieser Feier ins Herz gesprochen: geh, verkauf, gib, komm und folge mir nach.

Am kommenden Sonntag werden wir wieder im Evangelium hören, wie Jesus den reichen jungen Mann mit diesen Tu-Wörtern aus seiner Gesetzestreue in eine Freundschaftsbeziehung mit ihm hineinführen wollte. Die aufrichtige Einstellung des Jungen gefiel ihm, und er nahm dessen Sehnsucht nach dem ewigen Leben ernst.

Aber der junge Mann ging traurig weg, denn er war sehr reich.

Ich weiß nichts mehr über meine damalige Betroffenheit; war ich traurig oder erschrocken oder vielleicht erfreut? Ich erinnere mich nur, dass mir damals bewusst wurde: diese Worte sind für dich. Das weiß ich heute immer noch.

Es hat etwa sieben Jahre gedauert, bis ich die 4 ersten Verben in meinem Leben umsetzte. Das war noch relativ einfach: in jugendlicher Begeisterung fällt das Loslassen nicht so schwer; der Besitz hält sich ja in Grenzen. Ein paar einmalige Entscheidungen waren zu treffen.

Mit dem 5. Verb, mit der Nachfolge Christi, bin ich heute noch beschäftigt, sie fordert jeden Tag aufs Neue mehr oder weniger schwierige Entscheidungen.
Ganz konkret: wenn ich jemandem nachfolge, dann gibt er die Richtung an, nicht ich, also stehen meine Projekte hintenan. Dann weiß ich, dass er der Erste ist, und ich frühestens an zweiter Stelle komme. Das ist nicht in allen Situationen selbstverständlich. Dabei stelle ich fest, dass viele Mitmenschen auf demselben Weg sind, die manchmal eine Hilfe sind, manchmal auch ein Prüfstein oder eine Herausforderung.

Die 4 ersten Verben sind eigentlich nur die elementaren Bedingungen, letztendlich geht es nur um die Nachfolge. Jesus wollte diesen reichen jungen Mann in seinem Team. Deshalb sollte er sich frei machen von Geld und Besitz. Wobei Geld und Besitz nur Beispiele sind für die verschiedensten Verkettungen. Man kann unfrei sein, weil man ständig darauf aus ist, den Menschen zu gefallen, man kann unfrei sein, weil man von der eigenen Vergangenheit nicht loskommt, man kann unfrei sein, weil man in sich selbst - oder in einem Idealbild von sich selbst - gefangen ist. Wie sagt Johannes vom Kreuz: „Es kommt auf dasselbe heraus, ob ein Vogel an einem feinen oder einem groben Faden gebunden ist.“ Er muss den Faden zerreißen, um auffliegen zu können.

Es geht darum, frei zu werden, um den Weg mit Jesus zu gehen. Die Pilger auf dem Jakobsweg oder die Wanderer in den Bergen wissen, dass sie sich entlasten müssen; normalerweise wird das anfängliche Gepäck nach und nach weniger und leichter. So sollte es eigentlich auch in der Nachfolge Jesu sein.

Allerdings haben die meisten von uns eher die Tendenz, nach der anfänglichen Entrümpelung, schnell wieder aufzurüsten. Das weiß Jesus natürlich auch, hätte er sonst gesagt: „Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“ Heißt das für uns: ihr braucht es schon gar nicht zu probieren? Keinesfalls, denn „für Gott ist alles möglich.

Darauf können wir uns verlassen, und deshalb ist der Weg in die Nachfolge möglich, ein Wagnis des Vertrauens und der Liebe. Unüberlegt wird wohl keiner von uns diesen Weg wählen, denn es ist ein Weg nach unten: „Er (Jesus) hielt nicht daran fest wie Gott zu sein, … sein Leben war das eines Menschen, er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod…. Darum hat Gott ihn über alles erhöht.“ Phil 2,6-9. Der christliche Glaube lehrt uns, Gott wurde Mensch, damit wir in seiner Nachfolge frei werden und offen für Gottes Leben und Liebe, schon hier und jetzt und in der Ewigkeit, die uns versprochen ist.

Der Weg Jesu ist also ein Weg des Lebens, ein Weg für Menschen, die lebendig sein wollen. Auch wenn er durch den Tod führt. Er ist ein Weg der Hoffnung, der Kraft und Freude schenkt, um im Hier und Jetzt die Menschen zu lieben und ihnen zu dienen, wie Jesus es uns vorgelebt hat.

Schwester Danièle Faltz

Danièle FALTZ r.d.c.
daniele.faltz@cathol.lu
 
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