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Jahr A (2016-2017)  
11. Juni 2017

Gütige Schönheit

11.06.2017

Joh, 3,16-18

Die Schönheit der Liebe ist größer als die Liebe zur Schönheit:

Der Benediktinermönch Anselm Grün schreibt in seinem Buch „Schönheit – Eine neue Spiritualität der Lebensfreude“, dass der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski zu den größten Schönheitsexperten gehört. Schönheit war für Dostojewski so wichtig und zentral in seinem Leben, dass er jedes Jahr nach Dresden kam, um Raphaels wunderschöne Sixtinische Madonna zu betrachten. Vor diesem großartigen Werk verweilte er längere Zeit.

Es erstaunt, denn seine Romane behandeln die düsteren und „perversen“ Bereiche der menschlichen Seele. Was ihn aber antrieb bei all dem Negativen und Destruktiven, war die Suche nach Schönheit. Seinem Roman „Der Idiot“ verdanken wir den berühmten Satz: „Schönheit wird die Welt retten.“ „Wie könnte Schönheit die Welt retten?“ fragt Ippolit, ein Atheist den Prinzen Mischkin. Der Prinz schweigt, und begibt sich zu einem 18-jährigen Mann, der ein qualvolles Leben führt. Prinz Mischkin ist erfüllt von Mitgefühl und Liebe. Er bleibt bei ihm, bis der junge Mann stirbt. Damit wollte der Prinz zum Ausdruck bringen, dass wahre Schönheit zur Liebe führt, wenn wir den Schmerz unserer Mitmenschen teilen; die Welt wäre jetzt und immer gerettet, wenn diese Geste gelebt würde. Wir sehr bräuchten wir diese Schönheit. Dostojewski wird nicht müde, immer wieder zu wiederholen: „Gewiss können wir nicht ohne Brot leben, aber es ist ebenso unmöglich, ohne Schönheit zu leben.“ Schönheit ist mehr als äußerer Glanz und Ästhetik. Schönheit hat vielmehr mit Wahrheit und Güte zu tun, die eine ethische und religiöse Dimension innehat.

Dostojewski sah in Jesus jemanden, der Schönheit zeigte: „Er war ein Beispiel für Schönheit und pflanzte sie in die Seele der Menschen, sodass sie alle durch Schönheit einander Brüder würden.“ Er meint hier nicht die Nächstenliebe. Es ist die Schönheit, die Liebe hervorruft und uns den anderen als liebenswert erscheinen lässt. Dostojewski beobachtet, dass ein Gesicht schön ist, wenn man in ihm sieht, wie das Gute sich als zarte, natürliche und strahlende Schönheit ausdrückt. Solche Schönheit entdeckt man nicht im kalten Gesicht eines Topmodels, eher in dem faltigen und strahlenden Gesicht von Mutter Teresa aus Kalkutta oder anderer Menschen, die demütig und aufrichtig an der Seite des Lebens stehen.

Papst Franziskus schreibt in seinem Apostolischen Schreiben „Freude des Glaubens“, dass es nicht reicht, dass die christliche Botschaft gut und gerecht ist. Sie muss auch schön sein, denn nur so kann sie das Herz der Menschen erreichen. Die Schönheit, die wir allerdings in diesem Leben erfahren, ist bruchstückhaft. Schönheit darf nicht zum Selbstzweck werden. Bei der geschaffenen Schönheit zu verharren, ist Götzendienst, weil man auf diese Weise das Geschöpf an die Stelle des Schöpfers setzt. Wie viele Menschen, die sich auf dem Podest ihrer Schönheit ins Rampenlicht ihres Ego gesetzt haben, sind von ihrem Sockel heruntergefallen - wie es in der Bibel heißt: „Töricht waren von Natur alle Menschen, denen die Gotteserkenntnis fehlte. Sie hatten die Welt in ihrer Vollkommenheit vor Augen, ohne den wahrhaft Seienden erkennen zu können.“ (Weisheit13,1)

Im heutigen Evangelium entdecken wir die wahre Schönheit des dreieinigen Gottes: Gott, der Sohn und die Liebe. Die Erlösungstat des Sohnes ist getragen von Gott und von der Liebe; vom Vater und vom Heiligen Geist. Im Ostergeheimnis entdecken wir, dass die Schönheit durch ihr Gegenteil erlöst ist, also dadurch, dass er selbst sich aller Schönheit entäußert hat. „Gott ist die Liebe“ bedeutet, dass es etwas Größeres gibt als die Liebe zu Schönheit, nämlich die Schönheit der Liebe.

Théo KLEIN s.c.j.
 
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