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Jahr A (2019-2020)  
31. Oktober 2020

Not lehrt beten und beten lehrt die Not

Ein Kommentar zum Hochfest Allerheiligen von Georg Rubel

Not lehrt beten! Dieses Sprichwort hat sich im Lauf der Zeit immer wieder bewahrheitet. Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts wütete die Pest (vom lateinischen pestis: „Seuche“, „Epidemie“) in ganz Europa. Die Menschen bekamen Fieber und Beulen am ganzen Körper. Aufgrund mangelnder Hygiene und der schlechten medizinischen Versorgung breitete sich diese bakterielle Infektionskrankheit rasant aus. Um sich nicht anzustecken, begaben sich die Menschen in Isolation. Diejenigen, die sich infizierten, hatten so gut wie keine Überlebenschance. Insgesamt kostete der „Schwarze Tod“, wie die Pest aufgrund der durch sie am Körper verursachten schwarzen Flecken genannt wurde, mehreren Millionen Menschen das Leben.

Die hohe Zahl der Toten führte zu Angst und Schrecken bei den Menschen. In dieser existentiellen Notsituation beteten sie zu Gott und flehten ihn um Rettung an. Während der Pest nahm auch die Heiligenverehrung zu. Die Jungfrau Maria wurde um Hilfe angerufen. Rochus, der selbst an der Pest erkrankte und nach seiner Genesung zahlreiche Menschen von dieser Krankheit heilte, avancierte zum Pestheiligen schlechthin. In Oberammergau, wo viele männliche Bewohner auch heute noch den Namen Rochus tragen, legte man im Jahre 1633 das Gelübde ab, alle zehn Jahre die Passion Jesu aufzuführen, wenn Gott der Pest ein Ende bereite. Die Bitte wurde von Gott erhört. Nach dem Gelübde starb im Ort niemand mehr an der Pest. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die Oberammergauer Passionsspiele im Jahr 2020 wegen der Coronapandemie abgesagt werden mussten.

Seit Anfang dieses Jahres hat sich das Coronavirus weltweit verbreitet. Unser Leben hat sich seitdem grundlegend verändert. Homeoffice und Homeschooling, Daheimbleiben statt Urlaub, Isolation und Quarantäne gehören zur neuen Normalität. Nachdem sich die Lage im Sommer zwischenzeitlich entspannt hat, steigt die Zahl der Neuinfektionen pro Tag erneut stark an. Wir werden von der Politik dazu aufgefordert, unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum zu reduzieren und im Alltag eine Maske zu tragen, um andere zu schützen. Auch wenn der mächtigste Mann der Welt meint, es handle sich bei dieser Krankheit lediglich um eine Art von Schnupfen, und manche unserer Zeitgenossen den Ernst der Lage noch nicht verstanden haben, so ist die gegenwärtige Situation eine Notsituation.

Corona stellt uns die eigene Begrenztheit und Ohnmacht und Vergänglichkeit vor Augen. Der Mensch ist eingeschränkt in seiner Freiheit. Der Mensch kann nicht alles tun, auch wenn er das gerne möchte. Der Mensch ist nicht Herr über sein Leben. Dieses liegt vielmehr in Gottes Hand. Wie die Menschen im Mittelalter während der Pest, so dürfen auch wir in diesen coronaren Zeiten all unsere Ängste und Sorgen, unsere Verzweiflung und unsere Not vor Gott bringen und zu ihm beten. Die Heiligen, allen voran der heilige Rochus sowie die heilige Corona, die beide als Heilige gegen Seuchen verehrt werden, sind unsere mächtigen Fürsprecher bei Gott. Wenn wir in dieser Situation zu Gott beten und die Heiligen anrufen, dann gilt nicht nur: Not lehrt beten, sondern auch umgekehrt: Beten lehrt die Not! Im Gebet nehmen wir unsere Not bewusst wahr und bringen sie vor Gott zur Sprache. Somit kann das Gebet für uns eine Hilfe sein, uns mit dieser gegenwärtigen Notsituation auseinanderzusetzen und sie im Vertrauen auf Gott und die Heiligen, derer wir am Sonntag gedenken, zu meistern.

Georg RUBEL
georg.rubel@cj23.lu
 
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