lb fr pt en de
Jahr C (2021-2022)  
27. Januar 2022

Drama in drei Akten

Kommentar zum 4. Sonntag von Sr. Danièle Faltz (30.1.2022)

Das Evangelium vom 3. Sonntag im Jahreskreis liest sich wie ein Drama in drei Akten, von denen der erste bereits am letzten Sonntag gelesen wurde: Jesus ist in seinem Heimatort und geht, wie jeden Sabbat, in die Synagoge. Er liest einen Auszug aus dem Prophet Jesaia: „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.

Dann macht er eine bedeutsame Aussage: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ Heute und in seiner Person. In diesem ersten Akt sind seine Zuhörer begeistert: „Sie staunten darüber, wie begnadet er redete, und sagten: Ist das nicht der Sohn Josefs?“ Schwingt da nicht der ganze Stolz eines Dorfes mit? Aber zugleich ein kleiner verwirrender Zweifel: wir kennen ihn doch, er ist hier aufgewachsen, wir kennen seinen Vater, und jetzt beansprucht er diese zentrale messianische Prophezeiung für sich.

Im zweiten Akt provoziert Jesus seine Zuhörer. Er spürt den leisen bohrenden Zweifel, aber auch die gespannte Erwartung seiner Mitbürger. Auf seine Worte sollen jetzt Taten folgen! Er soll jetzt unsere Kranken heilen, wie er es in andern Städten Galiläas getan hat.

Darauf lässt sich Jesus nicht ein. Im Gegenteil, mit einigen Beispielen aus dem Alten Testament scheint er anzudeuten, dass sein Auftrag sich gerade nicht an die Bewohner von Nazareth richtet. Mir scheint, er provoziert damit absichtlich. Noch ehe sie aggressiv reagieren können, nimmt er ihnen das Privileg, das sie sich als Nachbarn natürlich erhofft hatten. „Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.

Der dritte Akt ist der dramatische Ausklang dieser Begegnung: „Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut. Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.

So schnell kann Begeisterung in Hass überspringen, wenn die scheinbar berechtigten Erwartungen nicht erfüllt werden. Das erinnert uns natürlich an die dramatische Entwicklung in der Karwoche, wo die Begeisterung der Menge am Palmsonntag umschlägt in die Forderung nach der Kreuzigung am Karfreitag.

Aber jetzt, in Nazareth, ist seine Stunde noch nicht gekommen, „und so schritt Jesus mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“ Diese Haltung von Überlegenheit, Autorität und Freiheit imponiert mir. Ohne auch nur mit einem Wort auf die Gewalt zu reagieren, geht Jesus weg, und niemand hindert ihn daran.

Die Begegnung in Nazareth steht ganz am Anfang der öffentlichen Tätigkeit Jesu und enthält eigentlich schon sein ganzes Leben. Er ist der von Gott Gesalbte, der Christus, der die messianische Erwartung Israels erfüllen wird, er verkündet in Wort und Tat das Reich Gottes, in dem die Armen, die Kranken, die Gefangenen die Ersten sein werden. Er erkennt, dass sein Auftrag sich nicht nur an Israel richtet, sondern an alle Völker. Mit all dem erschüttert er natürlich die religiösen Machtstrukturen seines Volkes und deshalb wird er sterben müssen.

Vielleicht können wir aus dieser Episode von Jesus lernen, nicht immer dem Erwartungsdruck nachzugeben, um frei zu bleiben für die eigentliche Aufgabe. Wir verstehen auch, dass wir niemals einen Anspruch, ein Recht auf Gottes Gaben haben wegen einer privilegierten Situation. Die einzig richtige Haltung gegenüber Gott ist die des Armen, der sich bewusst ist, dass ihm alles geschenkt wird, wenn er glaubt und vertraut.

Danièle FALTZ r.d.c.
daniele.faltz@cathol.lu
 
Ä e r z b i s t u m    L ë t z e b u e r g   .   A r c h e v ê c h é   d e   L u x e m b o u r g    .   
YouTube
SoundCloud
Twitter
Instagram
Facebook
Flickr
Service Kommunikatioun a Press . Service Communication et Presse
Äerzbistum Lëtzebuerg . Archevêché de Luxembourg

© Verschidde Rechter reservéiert . Certains droits réservés
Dateschutz . Protection des données
Ëmweltschutz . Protection de l'environnement
5 avenue Marie-Thérèse
Bâtiment H, 1er Étage
L-2132 Luxembourg
+352 44 74 34 01
com@cathol.lu