Georg Schwikart: "Gott in Rom begegnen"
Religiöses Buch des Monats Februar 2025
Rom lässt Georg Schwikart nicht mehr los. Den evangelischen Pfarrer und geborenen Katholiken (das ist für dieses Buch nicht ganz unwichtig) zieht es immer wieder in diese Stadt. Und selbst, wenn er der Stadt im Laufe eines Besuchs überdrüssig wird – zu viele Menschen, zu viel Lärm, zu viel Dreck, zu viel Schönheit – kann er doch fast schon beglückt sagen: „Der nächste Flug nach Rom ist schon gebucht.“
Warum das so ist, erfährt, wer Schwikart auf seinen Streifzügen durch Rom begleitet. Dabei steuert er zwar römische Sehenswürdigkeiten an, doch die spielen hier nicht die Hauptrolle. Wichtiger sind die Beobachtungen und Begegnungen, die sich unterwegs ergeben. Zum Beispiel die Sache mit der Monstranz. Nach einer Messe in Il Gesù, der Hauptkirche der Jesuiten in Rom, wird das Allerheiligste in einer Monstranz zur Anbetung ausgesetzt. „Ich trage den Leib des Herrn in meinem Leib“, sinniert Schwikart vor dem Allerheiligsten. „Ich selbst bin zu einer lebendigen Monstranz geworden, aus Fleisch und Blut. Was zeige ich der Welt? Dass mich das göttliche Geheimnis erfüllt?“
Das Pantheon, die antike Kirche im Herzen Roms, die aus einer einzigen weiten Kuppel besteht und oben nicht geschlossen ist, sieht er als Sinnbild für die Ungreifbarkeit Gottes. Dort sei das Wichtigste das, was nicht da ist. „Kein Kunstwerk. Keine Worte. Durch die Jahrtausende dient es als Sinnbild dafür, dass das Entscheidende nicht gezeigt oder gesagt werden kann.“
Das Besondere an Schwikarts Perspektive auf Rom ist sein Blick auf die Stadt als geborener Katholik, der nach heftigem Streit mit dem Kölner Erzbischof zum Protestantismus konvertierte. Er hat das Katholische nicht einfach abgeschüttelt (wenn das überhaupt geht), sondern um den Protestantismus erweitert und schreibt in wohltuend ökumenischem Geist.
Früher oder später landet der Autor auf einen Espresso oder Cappuccino in einer Bar oder in einem der vielen römischen Gasthäuser. Essen ist für ihn nicht nur eine Notwendigkeit, sondern gehört zum Erlebnis Rom unbedingt dazu. Es dient auch der Entschleunigung, um die vielen Eindrücke aus der Stadt zu verarbeiten – und setzt der römischen Hektik etwas entgegen, die zur DNA dieser Stadt gehört.
Mit seinen Streifzügen vermittelt Schwikart, dass Rom nur kennenlernt, wer auch die Stadt und das Leben zwischen den Sehenswürdigkeiten wahrnimmt, sich auf einen Espresso an eine Piazza setzt und den Leuten zuguckt, die vorbeiströmen. Möglichst viele Sehenswürdigkeiten in möglichst kurzer Zeit mitzunehmen, bedeutet dagegen, Rom zu verpassen. Als Reiseführer zu den Sehenswürdig–keiten Roms ist das Buch deshalb gänzlich ungeeignet, als geistlicher Begleiter für eine Besuch in der Ewigen Stadt, gerade im Heiligen Jahr 2025, gehört es aber unbedingt in die Hand einer*es jeden Reisenden.
Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der Sankt Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.
