“The kingdom of God is justice and peace” – Musik in unseren Ohren, aber nicht von dieser Welt?
Kommentar zum 34. Sonntag im Jahreskreis von Christine Bußhardt (24.11.2024)
Die zentrale Botschaft am Ende des Kirchenjahres wird uns ähnlich wie in einer barocken Sonate in mehreren Sätzen vermittelt.
Nach einer Art Exposition werden die zentralen Botschaften des alten und neuen Testaments vorgestellt. Daraus ergeben sich ein Haupt- und ein Seitenthema. Das Seitenthema beschäftigt sich mit dem Alpha und Omega unserer Welt. Woher kommen wir, wohin geht unser Weg und wozu sind wir auf dieser Welt? Für uns alle sind dies existentielle Fragen. Sie werden für uns besonders aktuell angesichts des Todes, dem wir ja alle unausweichlich entgegen leben. Gefeiert und bedacht haben wir das in traditioneller Weise an Allerheiligen und Allerseelen auf den Gräbern unserer lieben Verstorbenen und in den Familien zu Hause.
Das Hauptthema von der Botschaft des Königreichs Gottes bringt anschauliche Erlebnisse aus dem Leben Jesu zur Sprache.
„Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten“, so zitiert Johannes die Worte Jesu.
Wir lesen von Menschen, die am eigenen Leib erfahren, wie ihre Beziehung zu Jesus ihr Leben zum Guten verändern kann. So können wir nachvollziehen, was es bedeutet „auf die Stimme Jesu zu hören“ und was geschieht, wenn Jesus in das Leben eines Menschen wie durch eine Tür eintritt. Wir begegnen dem Blinden, Bartimäus, der wieder den Blick für das Leben um ihn herum zurückgewinnt und Zachäus, der vom Außenseiter und Betrüger zum Jünger und Freund Jesu und der Menschen wird.
An der Schwelle zum Advent lädt die Kirche also zu einer Zeit der Besinnung ein: Wie lässt sich mein Herz und meine Seele so ergreifen, dass ich bereit bin mein Leben vor dem Hintergrund der Botschaft Jesu auch wirklich zu überdenken, zu verändern und danach zu handeln?
Damit die Kernbotschaft Jesu vom Reich Gottes unter uns wirklich bei uns ankommt und Fuß fassen kann, brauchen wir Schlüsselerlebnisse. Das verbindet uns mit den ersten Jüngerinnen und Jünger Jesu. Zunächst waren sie Schüler, Freunde und Begleiter Jesu, und wurden erst zu Zeitzeugen, zu Gesandten und echten missionarischen Jüngerinnen und Jüngern, nachdem sie Jesus als dem Auferstandenen, dem „König nicht von dieser Welt“ begegnet sind.
Was der Tod Jesu am Kreuz allen unmissverständlich vor Augen führte,
nahm Jesus im Gespräch mit Pilatus vorweg: Mein Königtum ist nicht von dieser Welt.
…and joy in the Holy Spirit
Den Vorwurf „nicht von dieser Welt zu sein“, müssen wir Christen uns immer wieder gefallen lassen.
Wenn damit gemeint ist: Ihr hört nicht auf die Sorgen der Menschen; ihr nehmt die Probleme dieser Welt nicht ernst und sucht keine Lösungen, sondern versteckt euch hinter Paragrafen und Dogmen; ihr legt anderen eine schwere Last auf die Schultern, selbst aber rührt ihr keinen Finger; ihr sprecht von der Barmherzigkeit, seid selbst aber unbarmherzig gegen andere …dann wiegt dieser Vorwurf schwer, denn ein solches Verhalten entspräche nicht dem Willen Jesu.
Wenn aber damit gemeint ist: Ihr seid voller Hoffnung auf eine gerechtere Welt; ihr seht in jeder noch so kleinen Aktion die Chance zur großen Veränderung zum Guten; ihr strahlt von innen eine Zuversicht aus, die gegen allen Hass, alle Wut und Verzweiflung ihre Stimme zur Versöhnung erhebt; ihr bleibt unverbesserlich in der Liebe und unerschütterlich im Mut euch für die Schwächsten einzusetzen; ihr werdet nicht müde, euch schützend vor das Leben zu stellen; ihr fördert alles, was dem Schutz der Natur, der Freiheit und dem Frieden dient; ihr stellt den Zeitgeist des totalen Individualismus in Frage und fordert Gemeinschaftssinn und Solidarität; … dann lasse ich mir den Vorwurf der Weltfremdheit gegenüber der Idee des Christentums zunächst einmal gerne gefallen und verweise gleichzeitig darauf, dass Jesus selbst immer wieder betont hat: Heute schon, hat sich erfüllt ... Denn jede gute Idee ist nur so viel wert, wie sie zumindest anfanghaft auch in die Realität umgesetzt werden kann.
Come Lord, and open in us the gates of your kingdom
Die Ergebnisse des dreijährigen synodalen Prozesses, der der Kirche von Papst Franziskus auferlegt wurde, haben gezeigt, dass weltweit um angemessene Formen gerungen wird, den Glauben der Kirche in den Dienst der Menschen und der Welt zu stellen.
Im Abschlussbericht der zweiten und letzten Vollversammlung, die am 27. Oktober 2024 zu Ende gegangen ist, werden Pisten aufgezeigt, wie eine synodale Kirche der Zukunft heute schon beginnen könnte: „eine Gemeinschaft leben, die erlöst: mit Gott, mit der gesamten Menschheit und mit der gesamten Schöpfung.“
Musik in unseren Ohren – nur von dieser Welt?
Viele Kirchen öffnen im Advent mit zahlreichen geistlichen Konzerten ihre Tür und laden zum gemeinsamen musikalischen Genuss und darüber hinaus zum Nachdenken und Gebet über das Eintreten Gottes in unsere Welt ein. Vielleicht lassen wir uns ja davon ergreifen und gewinnen neuen Mut für unser Leben mit Gott.