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Christoph Wrembek: Der entgrenzte Gott
Religiöses Buch des Monats Februar 2022
Warum eigentlich soll man sich heute noch mit diesem Jesus aus Nazareth beschäftigen? Welche Relevanz für das Leben im Jahre 2022, im dritten Jahr gezeichnet von einer weltweit grassierenden Pandemie, hat dieser Jesus? Der Jesuit Christoph Wrembek gibt in diesem Buch eine – seine – Antwort darauf und verbindet sie mit der Frage, ob es nach dem Tod weitergeht. Gibt es eine Auferstehung der Toten? Als Seelsorger hat er diese Fragen immer wieder als sehr drängend erlebt. Und aus christlicher Sicht gehören Jesus, Tod und Auferstehung zusammen.
Vier Glaubensprobleme macht Wrembek aus, die sich vielen Glaubenden und erst recht denen, die mit Gott und Kirche nichts oder nur wenig anfangen können, in den Weg stellen. Darunter den massiven Verlust an Glaubwürdigkeit, der durch die Missbrauchsfälle und deren Aufarbeitung entstanden ist, und dadurch, dass die Kirche beständig versucht, „Grenzen wie Stahlbetonmauern“ zu ziehen, zu Homosexuellen und Transmenschen z.B., zu Menschen, deren Ehen scheitern usw. Außerdem zählt er das „Jesus-Problem“ dazu: Was wissen wir wirklich von ihm? Was hat er gesagt und getan, was auch heute noch von Bedeutung ist? Und dann die Sache mit der Auferstehung ...
Wrembeck konzentriert sich auf das Jesus-Problem, denn darüber lassen sich auch Lösungen für die anderen Probleme finden. Mit Blick auf die Bibel, auf außerbiblische Zeugnisse und die theologische Forschung stellt er fest, dass wir über eine Fülle an gesicherten Informationen über Jesus und seine Botschaft verfügen. Er habe mit seiner Lehre und dem Bild, das er von Gott zeichnet, alle damals geltenden Grenzen gesprengt – und tut das auch heute noch, wenn man seine Worte ernst nimmt. „In diesem Jesus tut sich uns ein Blick in Gottes absolute Entgrenzung, in das Geheimnis des göttlichen Willens auf“, schreibt Wrembek.
Wrembek zeigt am Beispiel der Seligpreisungen, wie Jesus sich an die Stelle der Tora und sogar an die Stelle Gottes stellt und damit Überzeugungen und Grenzen des damaligen Judentums ebenso wie viele heute noch gängige Vorstellungen in Frage stellt. Jesus offenbarte in der Bergpredigt, „wie Gott in Wahrheit ist: mütterlicher Vater aller Menschen, ganz im Gegensatz zu dem, was Menschen, was Religionen aus ihm gemacht haben und machen. Die Seligpreisungen offenbaren das wahrhafte Handeln Gottes zur Rettung ‚seiner Menschen‘.“ Dafür sei „Erbarmen“ das Schlüsselwort.
Auch zur Frage der Auferstehung und des leeren Grabes äußert Wrembek sich ausführlich, sodass auch Menschen, die dem für Christen oft allzu Selbstverständlichen skeptisch gegenüberstehen, einen Zugang dazu finden können.
Mit dem Stichwort „Entgrenzung“ schafft Wrembek einen zeitgemäßen, erfrischenden Zugang zur Gottesfrage und den eingangs genannten Problemen. Eine absolut lesenswerte Lektüre für alle Menschen, die die Sehnsucht nach Grenzenlosigkeit im Herzen tragen.
Als „Religiöses Buch des Monats“ benennen der Borromäusverein, Bonn, und der St. Michaelsbund, München, monatlich eine religiöse Literaturempfehlung, die inhaltlich-literarisch orientiert ist und auf den wachsenden Sinnhunger unserer Zeit antwortet.
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