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Jahr A (2019-2020)  
9. Mai 2020

Wenn wir die Antwort hätten?

Kommentar zum 5. Ostersonntag von Christine Bußhardt (10.05.2020)

Nicht nur in der Zeit der Corona-Pandemie suchen wir ständig nach Antworten. Unser ganzes Leben hindurch stellen wir uns Fragen oder werden hinterfragt und suchen nach entsprechenden Antworten. Das fängt schon bei ganz kleinen Kindern an.

Sobald sie über einen gewissen Wortschatz verfügen, was meistens mit zwei Jahren der Fall ist, haben sie, so kommt es den Eltern wenigstens vor, zwei Lieblingsworte. Das erste ist „nein“. Das zweite ist das gefühlt hunderte Male am Tag benutzte „Warum?“

Eltern wissen: Da geht einem schon mal die Puste aus und man bleibt mehr als einmal die Antwort schuldig.

Das Evangelium dieses Sonntags erzählt von einem intensiven Gespräch zwischen Jesus und seinen Freunden, in dem es ebenfalls um die Suche nach Antworten geht. Jesus kennt sein Schicksal, er weiß, dass er bald gewaltsam sterben muss und versucht seine Jünger auf diese Realität einzuschwören. Diese begreifen nicht direkt, was Jesus ihnen sagen möchte und fragen nach dem Weg in diese Zukunft.

Jesus antwortet: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Was beim ersten Lesen wie eine klare Antwort klingt, provoziert vielleicht die Reaktion von Kritikern, die diese als eine typische Anmaßung von religiösen Spinnern werten könnten.

Aber aufgepasst! Stecken in diesem Jesus-Wort nicht vielmehr Fragen als Antworten? Mich lädt dieser Satz jedenfalls zum Nachdenken ein.

„Ich bin der Weg“, bedeutet für mich: Jesus spricht von Höhen und Tiefen, Irrwegen und Umwegen, Sackgassen und Einbahnstraßen.

Woher weiß ich, dass ich auf dem richtigen, dem göttlichen Weg bin?

Wie oft in der Geschichte haben die, die vorgaben die Wahrheit für sich gepachtet zu haben, schreckliches Leid verursacht? Ideologien, Terrorregime, Nationalismus, Rassismus, Völkermorde sind so in allen Teilen der Erde entstanden.

Und heute - wenn man vermutet eine Antwort zum Beispiel auf das Virus gefunden zu haben, dann fordern manche, nicht jeder solle gleichermaßen von dieser profitieren können, sondern „me first“. Ein bisschen erinnert mich dies an den Sündenfall in der Schöpfungsgeschichte – der Baum der Erkenntnis, der Begehrlichkeiten weckt und oft das Schlechteste in uns zu Tage fördert.

Hat Gott sich deshalb entschieden, ein Geheimnis zu bleiben?

Gibt Jesus deshalb keine eindeutigen Antworten, so wie wir sie uns wünschen? Der Satz aus dem Evangelium von heute „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ beschreibt für mich ein dynamisches Gottesbild und macht uns geradezu verantwortlich unser Handeln, Denken und Urteilen ständig neu in Frage zu stellen.

Wenn Gott der Weg ist – kann ich ihm überall begegnen.

Wenn Gott die Wahrheit ist – muss ich ihn suchen, jeden Tag neu und werde ihn nie ganz ergründen, da meine Erkenntnis nie vollkommen sein wird – das bestätigt jeder seriöse Wissenschaftler.

Und schließlich, wenn Gott das Leben ist – dann gehört er zu mir, in all dem, was menschlich ist. Er begegnet mir im Wechselspiel von Neubeginn und Abschied, von Freude und Leid.

Gibt es dann keine erkennbare Wahrheit? Bleiben wir auch hier die Antwort schuldig?

Es gibt Antworten – sagt uns auch die Bibel – aber unter einer Bedingung, nachzulesen im ersten Korintherbrief: „Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; hätte aber die Liebe nicht, wäre ich nichts.“

Die Liebe ist Weg, Wahrheit und Leben. Antworten und Erkenntnisse über Gott sind also nur möglich durch die Brille der Liebe.

Quelle: Luxemburger Wort

Christine BUßHARDT
christine.busshardt@cathol.lu
 
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