
Peter Bill, der Luxemburger Mitbegründer der Steyler Missionare
150 Jahre Gesellschaft des Göttlichen Wortes SVD.
Der Luxemburger Diözesanpriester Peter Bill aus Berg (Pfarrei Betzdorf), (1833 – 1911), war 1875 der erste Priester, der sich Arnold Janssen in Steyl (Niederlande) bei der Gründung eines deutschen Missionshauses anschloss. Nach nur sieben Monaten trennten sich ihre Wege wieder – eine Folge unüberbrückbarer Differenzen über die Zielsetzung des entstehenden Missionshauses. Der Luxemburger Bischof Nikolaus Adames stellte sich im Konflikt hinter Janssen.
Das 19. Jahrhundert war geprägt von der europäischen Expansion und vom Aufbruch neuer katholischer Missionswerke. In Frankreich, Großbritannien, Italien und anderen Staaten entstanden spezialisierte Missionsorden. Deutschland hinkte hinterher; im preußischen Kulturkampf seit 1872 waren Ordensgründungen erschwert oder unmöglich. Arnold Janssen, Priester des Bistums Münster, der als Mathematiklehrer in Bocholt arbeitete, erkannte im September 1874 seine Berufung, eine deutsch-holländische Missionskongregation zu gründen – mit Blick vor allem auf China, das zwar keine Kolonie, aber in Einflusssphären der Großmächte aufgeteilt war. Im Reich der Mitte sah er die Zukunft der Kirche und der Welt. Ein Anstoß kam zu Pfingsten 1874 vom Apostolischen Präfekten von Hongkong, Giovanni Raimondi, der Janssen zur Gründung ermutigte. Janssen wollte mit der Kraft des Heiligen Geistes die Kirche erneuern. In Deutschland fand Janssen nur begrenzte bischöfliche Unterstützung; daher verlegte er das Projekt nach Steyl, in die Diözese Roermond in den Niederlanden.
Herkunft und Eintritt Peter Bills
Peter Bill war ein Bauernsohn vom Biel Haff in Berg, Pfarrei Betzdorf. Er wurde 1866 als Spätberufener zum Priester geweiht, und wurde 1875 Pfarrer von Buschrodt. Seit Mai 1875 korrespondierte er mit Arnold Janssen; am 16. Juni 1875 weihte er sich bei einem ersten Besuch bei ihm in Kempen gemeinsam mit dem Seminaristen Johann Baptist Anzer dem Herz Jesu und dem geplanten Missionshaus. In Steyl einem kleinen Dorf an der Maas in Holland, fand Janssen ein leerstehendes Gasthaus, das als erste Unterkunft der Gemeinschaft dienen sollte.
Aus Angst vor staatlicher Konfiskation in Kulturkampfzeiten sollte das Haus als Privateigentum eingetragen werden. Janssen bat Bill als Bürger des Großherzogtums Luxemburg, das damals noch in Personalunion mit dem Königreich der Niederlande war, das Eigentum zu erwerben. Janssen lieh ihm das Geld gegen Zins; die Rückzahlung sollte über Mieteinnahmen laufen. Bill fühlte sich zunächst überrumpelt, willigte aber ein und unterzeichnete am 4. August 1875 den Kauf. Damit war er Eigentümer – und zugleich Janssens Schuldner.
Am 5. August wählten Janssen, Bill und der Seminarist Franz Xaver Reichart Janssen zum provisorischen Superior. Bill war noch Pfarrer in Buschrodt und fehlte bei der Einweihung am 8. September, das heute als Gründungstag des Ordens gilt. Erst am 10. September 1875 entpflichtete Bischof Adames ihn vom Pfarramt, um den Eintritt in Steyl zu ermöglichen. Trotz Zweifeln bestärkte Adames ihn mit dem Wort: „Wer die Hand an den Pflug legt, soll nicht zurückschauen“.
Bill übernahm als erster Lateinlehrer Verantwortung für das kleine Seminar, während Janssen vor allem die theologische Ausbildung der Kleriker leitete. Insgesamt zählte das Haus wenige Seminaristen, einige Schüler und Laienhelfer. Die Verhältnisse waren ärmlich: geschlafen wurde anfangs auf Strohsäcken, gebetet wurde kniend auf Steinfliesen. Eine feste Regel gab es noch nicht; Janssen drängte jedoch auf Askese mit mehreren Abstinenztagen pro Woche und zusätzlichem Fasttag – als Vorbereitung auf die Härten der Mission.
Von Beginn an fühlte Bill sich in Fragen des Unterrichts von Janssen übergangen. Bill hielt sich z. Bsp. in Französisch für kompetenter. Bill suchte außerhalb Rat, bei erfahrenen Missionaren – Kontakte, die sein Misstrauen gegenüber Janssens Führungsstil eher vertieften, denn viele sahen schon damals in Janssen entweder einen Verrückten oder Heiligen. Janssen wiederum trieb das Werk energisch voran: Im Januar 1876 gründete er die Druckerei in Steyl für den „Herz-Jesu-Boten“, sein wichtigstes Kommunikations- und Finanzierungsinstrument; Ende Januar empfing er den Gründer der britischen Mill-Hill-Missionare, Bischof Vaughan, der sich die Mission unter den Afroamerikanern in den USA zum Ziel gesetzt hatte.
Spannungen um „Grundauffassung“ des neuen Ordens
Regel, strenge Lebensform und viele Gebetszeiten polarisierten, zumal die Gemeinschaft noch in materieller Not lebte. Bill, Reichart und Anzer wollten konsequent „in die Mission“. Janssen sah sich eher für den Heimatdienst berufen und wollte das Studium und die „Pflege christlicher Wissenschaft“ nicht hintanstellen. Die provisorische Oberleitung Janssens sollte durch Statuten gefestigt werden; über Zeitpunkt und Inhalte stritt man. Bill pochte auf Mitsprache und klare Regeln; Janssen plädierte für flexibles Vorgehen in der Aufbauphase.
Bischof Adames mahnte Bill in diesem Konflikt zur Unterordnung unter den faktisch bestehenden Oberen, riet zu Demut, Verzeihungsbitte und dazu, die Statuten über Rom zu erlangen. Bill fühlte sich vom eigenen Bischof im Stich gelassen. Am 24. März 1876 ließ Bill unter dem Druck der bischöflichen Vorgaben den Kaufakt für das Missionshaus auf Janssen umschreiben. Für Janssen war es ein notwendiger Schritt zur rechtlichen Stabilität; für Bill ein Zeichen des Misstrauens. Bill und Reichart überlegten eine eigene Missionsgesellschaft zu gründen, während Anzer zwischen den Lagern schwankte.
Am 20. April 1876 verließ Reichart Steyl, am 22. April Peter Bill. Die Trennung verlief äußerlich korrekt: Janssen begleitete Bill ein Stück bis zur Bahnstation ins nahe, bereits in Deutschland gelegene, Kaldenkirchen. Unterwegs noch fragte er mehrmals nach einer Einigung, blieb aber bei seinen Plänen. Beide schieden „im Frieden“, wie sich Bill später erinnerte: Man sei sich in der Grundauffassung über das Wesen des Missionshauses zu weit auseinander gewesen.
In der lokalen Öffentlichkeit sahen viele in der Austrittswelle bereits das Scheitern des Missionsprojektes, doch es kam anders. Anzer wurde noch 1876 zum Priester geweiht, reiste 1879 nach China, wurde 1885 Apostolischer Präfekt in Süd-Schantung und 1886 erster Steyler Bischof, aber ein Heiliger wurde er nicht. Janssen baute die Gesellschaft des Göttlichen Wortes (SVD) in den folgenden Jahrzehnten weltweit aus; 1975 wurde er selig-, 2003 heiliggesprochen.
Peter Bills weiterer Weg
Auch Bill blieb seiner Missionsberufung treu: Am 3. Mai 1876, 10 Tage nach seinem Austritt in Steyl, trat er in das Seminar der Afrikamissionen in Lyon ein, wo er keine Leitungsfunktion hatte. Er und wirkte 1877–1882 in Südafrika. Aufgrund angeschlagener Gesundheit kehrte er zurück; im Februar 1883 besuchte er Steyl. Das Wiedersehen mit Janssen verlief freundlich und klärend. Anschließend arbeitete Bill in Ägypten und im Libanon bis 1891, schied dann aus der Lyoner Gesellschaft aus, er übernahm später eine kleine Pfarrei in seiner Heimatdiözese Luxemburg, ging 1902 in den Ruhestand und starb am 30. Januar 1911 mit 78 Jahren. Beigesetzt wurde er in Grevenmacher; das Grab existiert heute nicht mehr.
Peter Bill war Mitbegründer im wörtlichen Sinn: Ohne seine frühe Bereitschaft, Verantwortung zu tragen, wäre Steyl kaum so rasch gestartet. Er verkörperte eine kritische Stimme in der Gründerphase, in der Ziel, Regel und Leitung noch umstritten waren. Die Trennung war weniger ein persönlicher Bruch als das Ergebnis zweier legitimer, aber verschiedener Konzepte von Mission. Für Janssen war der langfristige Aufbau, gute Ausbildung und Pressewesen die wichtigsten Fundamente, Bill drängte in die Auslandsmission. Beide fühlten sich als Werkzeug des Heiligen Geistes, aber in anderen Aufgaben. Janssen wollte die Kirche nicht durch Umsturz, sondern durch die Bekehrung der Herzen erneuern, weil er darin das Wirken des Heiligen Geistes sah, der das Antlitz der Erde erneuert.1887 weihte sich Arnold Janssen persönlich in der Lazaristenkirche in Wien dem Heiligen Geist.
Den Heiligen Willibrord in alle Welt gebracht
Die Gesellschaft des Göttlichen Wortes (SVD) – auch Steyler Missionare genannt – sind heute ein internationaler Missionsorden, mit weltweit etwa 6.000 Mitglieder. Sie sind zwar deutlich kleiner als die Jesuiten, aber deutlich größer als die meisten anderen Missionsgesellschaften. Ihre Stärke liegt vor allem in ihrem Respekt vor den Kulturen und Religionen anderer Völker. Über die Hälfte des Nachwuchses der Steyler kommt heute aus dem größten islamischen Staat der Erde: Indonesien., wo zwei große Inseln, Timor und Flores, dank der Steyler, komplett katholisch geworden sind.
Das zweite Steyler Missionshaus in Holland in Uden im Bistum S’Hertogenbosch gelegen, erhielt 1911 den Namen St. Willibrord. In diesem Missionshaus wurden Hunderte junger Männer zu Missionaren ausgebildet. Obwohl ein Luxemburger die Steyler Missionsgesellschaft mitbegründet hatte, fanden nur wenige Luxemburger später den Weg in diese Missionsgesellschaft. Im weiblichen Zweig des Ordens, der 1889 ebenfalls von Arnold Janssen gegründeten Kongregation der „Dienerinnen des Heiligen Geistes“ (SSpS) waren es mehr als im männlichen Ordenszweig. Erste Oberin der Steyler Missionsschwestern in Argentinien war Schwester Ernestine Strassener (1873-1939) aus Eich, die mit ihren Eltern mit 16 Jahren in das gescheiterte Siedlungsprojekt in San Antonio in Argentinien ausgewandert war.
In Brasilien wirken heute zwei Mitglieder der Steyler Ordensfamilie, deren Wirken stark auf Luxemburg ausstrahlt. Der aus der Eifel stammende Karl Heinz Arenz SVD, heute Professor für Geschichte an der Universität Belem, hatte in seiner Dissertation an der Sorbonne im Jahre 2007 das vorausschauende Wirken des Luxemburger Jesuiten und Amazonaspioniers Ioannes Philippus Bettendorff (1625-1698) für die heutige Zeit wieder zugänglich gemacht. In Brasilien feiert die SVD im Ort Tirol, einem Nachbarort von Luxemburgo in Espirito Santo den 150 Jahrestag ihrer Ordensgründung und den 130. Jahrestag des Beginns ihrer Arbeit in Brasilien, der in Tirol do Brasil begann.
Schwester Nelly Boonen (Jahrgang 1962) SSpS, geboren in Wiltz, ging mit 23 Jahren nach Brasilien zu den Steyler Missionsschwestern. Sie studierte Sozialwissenschaften und promovierte 2011 an der Universität São Paulo mit einer These über „Justice Réparatrice“. 2013 organisierte sie für das Erzbistum Luxemburg die Teilnahme am Weltjugendtag (JMJ) in Rio de Janeiro. Im „Zentrum für Menschenrechte und Bildung“ in einer Favelasiedlung von São Paulo erklärte sie, wie der Heilige Geist auch in einer Favelasiedlung wirkt, für viele der 400 jugendlichen Teilnehmer aus Luxemburg einer der Höhepunkte der JMJ.
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