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“Schenke deinem Knecht ein hörendes Herz“

Interview mit dem künftigen Diakon Patrick Schmit.

Bodo Bost. Patrick Schmit, Sie werden am 12. Juli in Bissen zum Diakon geweiht. Können Sie sich bitte kurz vorstellen, was für ein Mensch Sie sind. Was zeichnet Sie aus?

Patrick Schmit. Sehr herzlichen Dank für die Einladung. Mein Name ist Patrick Schmit, ich bin 60 Jahre alt, seit 1996 verheiratet und Vater zweier Kinder im Alter von 26 und 21 Jahren. Mein Lebensweg ist geprägt von meiner Berufsentscheidung. Es war im Jahre 1980 als ich im Hospice Civil Pfaffenthal meine ersten Schritte in der Krankenpflege erfahren durfte. Diese Erfahrungen waren sehr entscheidend für die spätere Berufswahl. 1984 begann ich die Ausbildung zum Krankenpfleger in der Krankenpflegeschule des damaligen Krankenhauses „Ste Elisabeth“. Seit dem 1. Juli dieses Jahres bin ich in Rente. Persönlich würde ich mich eher als zurückhaltender Mensch bezeichnen, mit offenem Blick für die Probleme die das Leben an mich gestellt hat. Sensibel für das, was die Ganzheitlichkeit des Menschen betrifft, wo Menschen unterschiedliche Schwächen und Leiden thematisieren.  Persönlich ist mir die Familie sehr wichtig. Menschen sind mir wichtig, Menschen welche mit mir einen gemeinsamen Weg beschreiten, sie sind es die mir einen besonderen Halt zu den Herausforderungen des Lebens geben. Ich möchte Menschen mit Liebe begegnen, nach dem Tun-Ergehen-Prinzip: Liebe-Fairness- gemeinsam auf dem Weg zur Güte.

Was hat Sie dazu bewegt nach der Pensionierung als Krankenpfleger noch den Weg zum Diakonat einzuschlagen?

Das hat schon in meiner Kindheit begonnen.  Bei meiner Tante gab es ein Foto in der Vitrine eines Obdachlosen, der am Straßenrand lag. Darunter der Vers: „C’est un drôle de Jésus, c’est Jésus“. Das Bild und der Vers blieben mir ein Leben lang in Erinnerung, bis heute. Auch wenn ich zu diesem Zeitpunkt die Sinndeutung nicht verstehen konnte. Als ich dann mit 15 Jahren beim Hospice Civil Pfaffenthal als Student arbeitete, haben zu diesem Zeitpunkt 11 Obdachlose gewohnt. Sie hatten damals auf der sogenannten „Keelebunn“ gewohnt und verfügten nur über das Notwendigste. Wissend, dass zu dieser Zeitepoche, die erste Satzung der Hospice Civil lautete: „ pour les démunis de la ville de Luxembourg“. Die vielen Geste und Handreichungen, Hilfestellungen für diese Menschen hat mich besonders berührt. Geprägt wurde ich vom Einsatz der Schwestern der Heiligen Elisabeth, und dessen Motto: „Du sollst die Menschen froh machen“. Diese Devise, dass man Menschen nicht nur helfen soll, sondern sie auch froh machen soll, hat den Blick zur Ganzheitlichkeit gefördert. Seit dieser Zeit wusste ich, dass der Mensch mehr als Essen, Trinken und Schlafen benötigt. Zur ganzheitlichen Gesundheit braucht es eine innere Suche nach diesem besonderen Mehr, und die persönliche Suche nach Tiefe im Glauben  in der Spiritualität.

Jetzt haben Sie schon ganz viel über die äußeren Anstöße Ihres Lebens erzählt. Gibt es darüber hinaus auch Menschen, die Anstöße und Vorbilder für Ihre Berufswahl waren?

Meine Tante hat mich seit eh und je als Person und Mensch geprägt. Sie war einst die Pflegedienstleitung im gynäkologischen Klinikum „Clinique Dr Bohler“. Aber es waren auch einige Priester, welche mich geprägt haben. Besonders Pater Aloyse Reiles, ein Afrikamissionar, welcher später als Bewohner und Seelsorger im Hospice Civil Pfaffenthal nach der Auflösung des Konventes der Weißen Väter in Luxemburg wohnte. Er war viele Jahre mein spiritueller und geistiger Begleiter. Bei ihm hat mich seine Einfachheit, seine Demut fasziniert. Er schenkte mir sehr wertvolle Unterstützung durch Beratung und prägte somit meinen Berufungsweg. Er lehrte mich die Kunst des aktiven Zuhörens. Das ist eine kardinale Voraussetzung in der Seelsorge sowie in der Krankenpflege.  Als großes Vorbild hat er durch Erfahrung und Wissen viele meiner Schritte und Entscheidungswege geprägt. Ebenso der Pfarrer meiner Heimatpfarrei, Joël Santer, der mich stets seit der Entscheidung zum Diakonat vielfältig unterstützt hat.  Pfarrer Leo Weber, welcher zu diesem Zeitpunkt als Diakon wirkte, hat mich an einer Geburtstagsfeier konkret aufs Diakonat angesprochen. Seit September 2023 absolvierte ich mein pastorales Praktikum in der Pfarrei Öewersauer Sankt Pirmin. Besonderen Dank geht an Pfarrer Marco Wehles und Pastoralreferentin Stéphanie Kasel. Sie haben mir vielfältige Unterstützungen, Einblicke ins Pfarrleben und Möglichkeiten der aktiven Teilnahme gegeben. Sie haben die Freude und Interesse meiner Entscheidung zusätzlich geprägt und gefördert.

Diakon kommt aus dem Griechischen und heißt Helfer, es ist ein Dienst der Nächstenliebe und der Verkündigung. Es ist jedoch ein Dienst, der in der zweiten Reihe bleibt. Wie sehen Sie Ihren Dienst als Diakon?

Was Sie gesagt haben, möchte ich so zustimmen. Ich wünsche mir als Diakon eine Brücke zu sein zwischen dem Priester und der Pfarrei.  Um Diener im Weinberg Gottes zu sein, muss man ein offenes Herz haben sowie den Menschen nahe sein. Nur so kann man Zeugen des Evangeliums werden.  Wir haben heute eine Glaubenskrise, weil vielen Menschen das nötige Vertrauen fehlt.

Kardinal Koch hat einmal gesagt, ein Diakon sei mehr als ein geweihter Sozialarbeiter. Worin besteht für Sie das „Mehr“?   

Das „Mehr“ besteht für mich eindeutig darin, dass wir Zeugen sein sollen des Evangeliums. Nur wer die Wahrheit für sich selbst erkannt hat, sozusagen inkarniert hat, kann auch verkündigen, theoretisch wie in der praktischen Umsetzung im Alltag. Bei Theologie im Fernkurs in Würzburg lautet das Motto: “Mehr Wissen zum Glauben, und mehr Glauben zum Wissen“. Nur durch die Verbindung von Wissen und Herz, lernt man auf Menschen zuzugehen. Es wird für die Menschen spürbar, inwiefern man authentisch und ehrlich ist.  Nur ein ganzheitlicher Mensch, der sich seiner Empathie bewusst ist, kann die Vernunft, die zur Beziehungskompetenz, wie Sozialkompetenz wichtig ist positives bewirken. Sich von Gottes Hand sowie dem Beistand des Heiligen Geistes berührt zu wissen, unterstützt viele unserer Entscheidungswege. Es schenkt jenes Gefühl der Geborgenheit und fördert das Durchhaltevermögen jener alltäglichen Herausforderungen. Dies kann jedoch ohne die Demut, ohne Weisheit und der Kraft des Heiligen Geistes nicht vollkommen gelingen.

Sie machen einen sehr gefestigten und in sich ruhenden Eindruck. Gab es jedoch in Ihrem Leben nicht auch Phasen des Glaubenszweifels oder der Leere. Wie sind Sie damit umgegangen? 

Wenn jemand eine berufsbegleitende Ausbildung macht, dies parallel zum Beruf, erlebt man des Öfteren Phasen der geistigen wie physischen Müdigkeit. Es bedeutet zur eingeschränkten Freizeit abends zu lernen, und dies für einige Jahre hindurch. Da erlebt man Momente der Erschöpfung, Momente wo die Gedanken ebenso müde werden. Da sind mir manchmal Zweifel gekommen und die Frage ob ich das so schaffen und leisten kann. Zum Glück gab es besonderen Rückhalt und Unterstützung meiner Ehefrau und den Kindern, die durch Zuhören und Austausch das Durchhaltevermögen unterstützten. Des Öfteren habe ich mich bei schweren Entscheidungen, Reflexionen, Orte der Stille aufgesucht um innere Ruhe und Gelassenheit zu schöpfen, dies im Gebet, in der Meditation oder in der stillen Anbetung. Sehr dankbar bin ich für die viele Jahre mit Pater Reiles, der mir Trost, Kraft und als Ratgeber stets einen Ausblick zu vermitteln wusste. Die Entscheidung zum ständigen Diakonat parallel zum Berufsleben war eigentlich nicht prioritär. Sondern ab dem Pensionsalter mich mit mehr Verfügbarkeit und Einsatz dem Dienst Gottes und der ganzen Kirche zu widmen. Wissend, dass die beruflichen Verantwortungen und sonstigen Aktivitäten sehr viel Zeit in Anspruch nahmen.  Persönlich hat mich der Gedanke und das Ziel nie verlassen, war es einen steten Wunsch diesen Weg der Berufung zu gehen. Eine große Stütze waren mir in den vergangenen 15 Jahren die Erfahrungen als Altenheimseelsorger, im Hamm und Pfaffenthal.

Von Ihrer Frau haben Sie ja bereits erzählt, dass Sie hinter Ihnen steht, wie steht es mit den Kindern?

Unsere Kinder, die bereits Erwachsene sind unterstützen mich, auch wenn für sie der Glaube heute schon ein schwierigeres Thema geworden ist. Doch die Erfahrungen der Großfamilie, sonntags das gemeinsame Essen innerhalb der Familie, viele Momente des Austausches, Klärungsgespräche, hier findet Glaube und Praxis die Berührung zu Leben und Spiritualität. Beide unterstützen meine Entscheidung zur Diakonweihe. Sie werden sich an der Weihemesse durch aktive Teilnahme an der Gestaltung einbringen, so zur Lesung – und der musikalischen Gestaltung.

Als Krankenpfleger konnten Sie wie Jesus Menschen auch heilen. Jesus hatte daneben jedoch auch die Frohe Botschaft vom Reich Gottes verkündet. Wo werden Sie als Diakon Ihren Schwerpunkt setzen?

Ich werde mich in beiden Bereichen einbringen. Die Verkündigung ist heute sicher sehr wichtig, aber auch die Diakonie, man kann beides nicht voneinander trennen. Wie Sie selbst gesagt haben, hat auch Jesus nicht nur die Frohe Botschaft verkündet, sondern auch Menschen geheilt. Diesen ganzheitlichen Ansatz wünsche ich zukünftig weiterhin umsetzen zu können. In meinem Dienst als Krankenpfleger, als Pflegedienstleiter und Altenheimseelorger konnte ich neben der pflegerischen, begleitenden und palliativen Arbeit diesen besonderen Dienst am Mitmenschen vielfältig erfahren, wie Berührung, Handmassagen im Sterbeprozess seelisches Heil und Wohlbefinden fördern. Beobachten konnte ich, wie die Menschen innerlich gelassener wurden, das Leben annahmen und loslassen konnten.  Ein zur inneren Ruhe kommen, schenkte auch den Familienmitgliedern des Öfteren Erfahrungen des sich getragen fühlen. Ähnliche Erfahrungen der seelischen Heilung durfte ich bei der Spendung der Krankensalbung erleben. Jesus hat die Menschen nicht nur mit den Händen, sondern mit seinen Augen, seinen Worten berührt, die Vertrauen, Zuversicht, Hoffnung und Liebe wahrnehmen lassen. Diakon zu werden ist ein großes Geschenk, im Namen Jesu Diener zu sein, für die Menschen, für die Kirche in Luxemburg, sowie im Gebet verbunden mit der Weltkirche.

Die Kirche befindet sich derzeit in vielen Krisen: Glaubwürdigkeitskrise, Missbrauchskrise, Berufungskrise etc. Wie glauben Sie kann das Diakonat dazu beitragen die Kirche als Ganzes wieder mehr glaubwürdig zu machen?

Als Diakon kann ich an der Glaubwürdigkeit der Kirche mitwirken, durch alltägliches Zeugnis. Ich wünsche mit der Kraft Gottes, mit Überzeugung und Authentizität diesen Beitrag leisten zu dürfen. Am Herzen liegen mir die Randgruppen, wie Alte und Kranke, Arme und Schwache, Menschen der Peripherie, den Armen unserer Zeit möchte ich ein offenes Ohr, ein offenes Herz schenken. Vielleicht haben wir dies in der Vergangenheit vernachlässigt. Wir haben jederzeit die Chance und Möglichkeit neu anzufangen, wenn wir wieder neu auf das Wort Gottes hören.  Mein Weihespruch: “Schenke deinem Knecht ein hörendes Herz“ (1. Könige 3,9) scheint mir das Herzstück zur Mission, zur Gemeinschaft durch aktive Teilnahme und eine Perspektive für die Zukunft möglich.  Die offenen Hände sind ein gutes Symbol dafür. Die Skulptur der offenen Hände, ein Werk meiner verstorbenen Schwiegermutter soll dies veranschaulichen. Unser Auftrag ist es den Menschen zuzuhören, sie lernen zu verstehen, sie nicht zu beurteilen. Unter dem Motto: Verständnis wecken und nicht Urteilen als erster Schritt der Begegnung. Da wo wir Menschen verstehen wollen, müsse wir ihnen mit offenem und frohem Herzen begegnen. Gemäss dem Dreischritt: Fühlen- denken-handeln!

Sie haben ja schon auf Ihren Weihespruch hingewiesen. Die Diakonatsweihe ist am 12. Juli in Bissen. Ist das Ihre Heimatpfarrei, werdet Sie dort auch danach eingesetzt?

Ich werde nach meiner Diakonweihe in meiner Heimatpfarrei Äischdall-Helpert sowie in der Krankenhausseelsorge des „Hôpital Kirchberg“ eingesetzt werden. Ich freue mich, da die vielen Erfahrungen, Kenntnisse in der Krankenpflege, Altenpflege, Palliativpflege – Erfahrungen der spirituellen Betreuung in den Hospices civils der Stadt Luxemburg eine Perspektive und neue Herausforderungen bedeuten werden. Ich wünsche persönlich ein guter Diener zu sein, mit einem hörenden demütigen Herz, denn Gott schenkt den Demütigen seine Gnade.

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