
P. Henri Werling (1879-1961) SJ
Ein Luxemburger Helfer des Seligen Bischofs Profittlich.
Am 6. September wird in Tallinn in Estland Märtyrerbischof Eduard Profittlich (1890-1942) SJ., der im sowjetischen Gulag gestorben ist, im Rahmen einer feierlichen Messe auf dem Freiheitsplatz (Vabaduse väljak) unter Leitung von Kardinal Schönborn seliggesprochen. Bischof Profittlichs wichtigster Mitarbeiter als Generalvikar war der Luxemburger Jesuit Henri Werling (1879-1961), der ihm 1942 als Apostolischer Administrator ad Interim, und zwischen 1945-1954 auch als Gefangener in den sowjetischen Gulag gefolgt ist.
Der 1890 als achtes von zehn Kindern in Birresdorf/Rheinland geborene Eduard Profittlich war nach seiner Schulausbildung in Linz am Rhein zunächst ins Priesterseminar Trier und 1913 ins Noviziat der Jesuiten eingetreten. Am 27. August 1922 empfing er in Valkenburg/NL die Priesterweihe. Zwischen 1925-1930 war er Jugendseelsorger für Polen in Oppeln/ Oberschlesien, später in Hamburg in der polnischen Gemeinde. Im Dezember 1930 wurde ihm die Pfarrei St. Peter und Paul in Tallinn/Estland übertragen. Bereits im Mai 1931 wurde Profittlich zum Apostolischen Administrator für Estland ernannt. Die schnelle Ernennung war nur möglich, weil sich Profittlich auf eine starke Truppe von Jesuiten und Kapuzinern im Lande stützen konnte, die hoch motiviert sich um die 3000 Katholiken in Estland kümmerten. Sein Generalvikar wurde der Luxemburger Jesuit Henri Werling (1889-1961), der seit 1923 als erster Jesuit seit dem 17. Jahrhundert nach Estland zurückgekommen war. Am 27. Dezember 1936 wurde Eduard Profittlich in der Pfarrkirche St. Peter und Paul, zum Titularerzbischof geweiht, er war der erste seit der Reformation. Da Estland nicht zum Bistum wurde, wurde Profittlich zum Titularerzbischof von Adrianopel ernannt (nach dem Erzbistum, das im Osmanischen Reich verschwunden war).
Bischof Profittlich setzte sich hingebungsvoll für die Wiederbelebung seiner Gemeinde, ihre Seelsorge und ihre zeitlichen Bedürfnisse ein. Seine Rolle bei der Förderung der Vitalität des Katholizismus im Marienland Estland war von unschätzbarem Wert. Dafür gab er seine ganze Energie, sein Herz und schließlich sein Leben. Der Bischof nahm auch die estnische Staatsbürgerschaft an. Er machte aus einer polnischen „Exilkirche“ eine estnische Nationalkirche.
Als die Sowjets 1940 zum ersten Mal in Estland einmarschierten, ordnete Profittlich die Ausreise von Priestern und Ordensangehörigen an, da er erkannte, dass dies die einzige Möglichkeit war, ihr Leben zu retten. Nach der Umsiedlung der Baltendeutschen blieben nur etwa 300 Katholiken zurück. Auch die deutsche Botschaft und estnische Freunde rieten Bischof Profittlich zur Rückkehr nach Deutschland, um der sicheren Deportation nach Sibirien zu entgehen. Er war sich des Ausmaßes der Bedrohung bewusst, so wandte er sich mehrmals an Pius XII, um den Wunsch des Papstes zu hören. Schließlich kam die Antwort aus Rom, dass der Heilige Vater ihm die Freiheit lassen würde, selbst zu entscheiden. Deshalb entschied sich Bischof Profittlich bei seiner Herde zu bleiben. Am 21. Juni überfiel die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion, die Deutschen standen schon vor den Toren Tallinns. In den frühen Morgenstunden des 27. Juni wurde Bischof Profittlich von NKWD-Offizieren verhaftet. In einem Geheimpolizei Prozess in Kirow wurde der der Spionage beschuldigte Bischof zum Tode durch Erschießen verurteilt. Der 51-jährige Eduard Profittlich starb jedoch am 22. Februar 1942, bevor das Urteil vollstreckt wurde, den Märtyrertod.
Generalvikar Henri Werling
Henri Werling wurde 1879 in der Stadt Luxemburg geboren. Sein Name im Geburtsregister lautet Alphonse Marie Ferdinand Henri Werling. Die Familie hatte neun Kinder, von denen Henri das älteste war. Sein Vater Ernst Werling und Großvater Heinrich Werling stammten aus Deutschland und kamen als Bankiers nach Luxemburg. Auch Henri hätte Bankier werden sollen, aber es kam anders, und die Rolle wurde vom jüngeren Bruder Ferdinand übernommen. Familie Werling war fest in der katholischen Tradition verankert, mit besonderer Betonung der Nächstenliebe. Das Stammhaus der Familie war das ehemalige Refugium der Franziskanerinnen auf dem Fischmarkt, später entstand dort die erste Caritas Niederlassung in der Stadt Luxemburg. Sybille Werling, seine Schwester, trat in Lisieux in den Orden der Apostolischen Karmeliterinnen vom Heiligen Josef ein.
Henri Werling machte 1896 sein Abitur am Athenäum und entschied sich danach, zunächst ins Priesterseminar und dann dem Jesuitenorden beizutreten. Im Jahr 1900 begann Werling das Noviziat der deutschen Jesuiten in Feldkirch, Österreich. Es folgte ein dreijähriges Studium bei den dt. Jesuiten in Valkenburg/ Holland, nach der er nach Feldkirch zurückkehrte. Von 1910 bis 1913 studierte Werling Theologie und Polnisch in Krakau, das damals noch zum Zarenreich gehörte. Im August 1912 wurde Werling zusammen mit dem späteren Kardinal Bea in Valkenburg zum Priester geweiht. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs war Werling in Basel tätig.
Ende 1920 wurde Werling zur Missionsarbeit in den von deutscher und polnischer katholischer Landbevölkerung bewohnten Regionen im Ermland/Ostpreußen eingesetzt. Nachdem der Vatikan nach der Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten 1918 die kirchlichen Zuständigkeiten neu geordnet hatte, fiel das besondere Interesse Roms auf Russland, dessen kommunistisches System bald zusammenbrechen würde, wie man glaubte.
1923 hatte der französische Jesuit Michel d’Herbigny SJ (1880-1957) die Leitung des päpstlichen Hilfswerkes für das hungernde Russland übernommen. Er wollte wenige Jahre nach der Oktoberrevolution eine große Bekehrungswelle unter orth. Christen im Sowjetreich organisieren. Er gewann den Provinzial der deutschen Jesuitenprovinz P. Bernhard Bley (1879-1962) dazu, an diesem Werk mitzuwirken. Bley schickte noch im selben Jahr einen seiner fähigsten Mitbrüder, P. Henri Werling, sozusagen als Vorhut nach Estland. Henri Werling war der erste Jesuit, der nach der Unterbrechung im 17. Jahrhundert nach Estland zurückkehrte.
In Estland baute er zuerst die am Boden liegende Pfarrei und später auch die Studentengemeinde in Tartu, damals noch Dorpat genannt, wieder auf. Die Stadt war die erste Universitätsstadt des Zarenreichs und hatte eine vielsprachige Bevölkerung. Werling wurde bekannt als guter Prediger in vielen Sprachen. Als Werling 1923 zum Verwalter der katholischen Gemeinde in Tartu ernannt wurde, war er der einzige katholische Priester in Südestland. Das Gebiet seiner Gemeinde reichte bis nach Valga und Petseri. In Estland fand er ein vom Bürgerkrieg verwüstetes Land und eine verarmte Gemeinde vor. Werling zufolge hatten die örtlichen Katholiken nur "eine verschwommene Vorstellung vom christlichen Glauben. Auch für das heute in Russland liegende orth. Kloster Petseri, war er zuständig. Er baute gute Kontakte zu den russischen Mönchen auf und lud später Mönche aus dem belgischen Amay ein dorthin zu kommen. Die belgischen Mönche gründeten 1925 in Belgien das Kloster Chevetogne, das in der Liturgie zum byzantinischen Ritus wechselte.
Im Jahre 1926 war innerhalb der Ostkirchenkongregation in Rom die Kommission „Pro Russia“ unter der Leitung von Michel d’Herbigny SJ gebildet worden. Der Kommission Pro Russia wurden nach und nach immer mehr kirchenrechtliche Befugnisse innerhalb der katholischen Kirche der Sowjetunion und den angrenzenden Ländern übertragen. Die Verwurzelung der kath. Kirche in die baltischen Völker sollte zurückgestellt werden zugunsten einer nach dem Zerfall der Sowjetmacht für möglich gehaltenen Neumissionierung Russlands, die nach dem Muster der bereits im 16. Jahrhundert erfolgten Union mit den Ukrainern (Ruthenen) erfolgen sollte. « In Estland, so schrieb P. Werling 1930 an seinen Provinzial, sah Bischof d’Herbigny einen möglichen Vorposten der Kirche Christi vor den Toren der Sowjetunion ».
Als 1930 sein Mitbruder, der deutsche Jesuit Eduard Profittlich (1890-1942) SJ. nach Estland kam, trat Henri Werling ins zweite Glied. Profittlich wurde bereits 1931 Apostolischer Administrator und später Erzbischof in Estland. Er wählte P. Werling zu seinem Generalvikar und Pfarrer von St Peter in Tallinn. 1933 fiel Bischof d’Herbigny bei Papst Pius XI in Ungnade und wurde seiner Ämter entbunden. Da die Befugnisse dieser zentralen Figur in der vatikanischen Russlandpolitik jetzt auf die Ortsbischöfe übergingen, erlangte die Apostolische Administratur Estland erst jetzt ihre eigentliche Unabhängigkeit.
P. Werlings Weg in die Herzen der Esten
Der Weg zum Herzen eines Esten führt weitgehend über die Sprache. Werling hat die estnische Sprache sehr schnell und perfekt gelernt. Die ausländischen Priester erkannten, dass nichts Dauerhaftes erreicht werden konnte, solange es keinen einheimischen Klerus gab. Es genügt nicht, auf Estnisch zu sprechen, man muss auch auf Estnisch denken, wie ein Este leben, wie ein Este fühlen. P. Werling sah das Potenzial, dass Estnisch, die "kath. Sprache" der multiethnischen kath. Gemeinde werden könne. Bereits 1928 veröffentlichte Werling ein Gebetbuch in estnischer Sprache, gefolgt von einem Katechismus, einer Kirchenzeitung und 1940 den ersten beiden Evangelien in Broschüren. P. Werling wurde im Februar 1937 durch Einbürgerung estnischer Staatsbürger.
Nach der Verhaftung und Deportation von Bischof Profittlich war die katholische Kirche Estlands führungslos. Im Mai 1942 ernannte der Erzbischof von Riga, Springowicz, P. Werling vorübergehend zum Apostolischen Administrator von Estland. Es gab damals nur noch einen weiteren kath. Priester im Lande, der später von der deutschen Besatzungsmacht ausgewiesen wurde. P. Werling wagte es sogar während der deutschen Besatzung an das estnische Nationalbewusstsein zu appellieren, so sagte er am 24. Februar 1944 beim Fest der estnischen Fahne: "Estnische Flagge, ich segne dich und weihe dich im Namen unseres Papstes Pius XII". [...] Mögen eure Farben für uns bedeuten: die Farbe Schwarz - der Boden, den Gott dem fleißigen Esten gegeben hat, um ihn zu bebauen und zu verschönern. Die weiße Farbe soll für die Reinheit des Lebens stehen, die vor allem die estnischen Frauen und Jungfrauen schmückt. Die blaue Farbe soll uns daran erinnern, dass wir immer zum Himmel schauen und Gott um Hilfe bitten müssen. Möge die blaue Farbe der Flagge uns auch an den Mantel der Jungfrau Maria erinnern, unter deren Schutz unser Land vor Jahrhunderten stand“.
Als die Sowjetunion Estland 1945 wieder besetzte, wurde auch P. Werling im August 1945 verhaftet. Zusammen mit 407 anderen Esten wurde er nach Perm in die Udmurtische Republik in den Gulag (Sonderlager des NKWD) deportiert. Werling war damals bereits 65 Jahre alt. Vor Ort in Melnichnoe wurde P. Werling bald in einem Invalidenhaus untergebracht, weil er sich bei der Arbeit im Wald eine Krankheit zugezogen hatte und keine körperliche Arbeit mehr verrichten konnte. Die Briefe Werlings aus den Jahren 1946-1949 an die in Tartu tätigen Kapuzinerinnen tschechischer Nationalität sind erhalten geblieben. In diesen Briefen kommt Werlings Menschlichkeit und sein Christentum vielleicht am authentischsten zum Ausdruck - seine Einstellung zu seinen Mitmenschen, sein Engagement für seine Berufung, seine Anpassungsfähigkeit und vor allem sein tiefer unerschütterlicher Glaube, den er in Briefen als “Glück katholisch zu sein“ zusammenfasste. Sein Überleben verdankte er unter diesen unglücklichen Umständen den Paketen der Tartuer Schwestern. Erst 1954, ein Jahr nach Stalins Tod, durfte er den Gulag verlassen, seine Familie erfuhr damals erst, dass er noch am Leben war. Sie drängten ihn, nach Hause zurückzukehren, aber P. Werling antwortete, vielleicht weil er Bischof Profittlich als Vorbild nahm, er wolle "bis zum Tod an seinem jetzigen Ort ausharren".
P. Werling ging nach Estland zurück. Er durfte offiziell nicht mehr als Geistlicher dort arbeiten, er hörte aber regelmäßig Beichten in vielen Sprachen in Tallinn. Bis zu seinem Tod lebte P. Werling zusammen mit einem polnischen Jesuiten in einem Haus der kath. Kirche in Kodasema, das zu einer Kolchose umfunktioniert worden war. Dort starb er am 22. Februar 1961, an den Spätflogen der Gulag Haft, und wurde auf dem Friedhof von Liiva in Tallinn begraben. Beide Glaubenszeugen sind am 22. Februar gestorben, Profittlich 1942 und Werling 1961. Die katholische Kirche Estlands begeht deshalb den Gedenktag von Eduard Profittlich und Henri Werling gemeinsam jedes Jahr. Während die Person des Bischofs Profittlich dank des Kanonisationsprozesses auch über die kirchlichen Kreise hinaus bekannt geworden ist, ist Henri Werling heute weniger bekannt.
Die derzeitige Seligsprechung von Erzbischof Profittlich ist sicherlich ein starkes Zeichen in die estnische Gesellschaft, wo nur noch 25% der Menschen überhaupt einer Kirche angehören, davon die Hälfte zur orthodoxen und die andere Hälfte zu protestantischen Kirchen. Zur Römisch-katholischen Kirche bekennen sich heute etwa 0,8 % (Anstieg von 0,4 % in 2011 auf 0,8 % in 2021). Der Erzbischof von Tallinn, Philippe Jourdan, wollte ursprünglich nach der jetzigen Seligsprechung von Bischof Profittlich auch ein Seligsprechungsverfahren für Henri Werling beginnen. Dies wurde jedoch vorerst verschoben, wie der Bischof im März gegenüber cathol.lu bekanntgab.
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